BONIFATIUSPREIS FÜR MISSIONARISCHES HANDELN

Die Preisträger 2008

Der erste Platz: "Haltestelle Leben"

Das Düsseldorfer Projekt „Haltestelle: Leben“ hat 2008 unter 135 Einsendungen den Bonifatius-Preis für missionarisches Handeln in Deutschland zuerkannt bekommen. „Mit der Fastenaktion "Haltestelle: Leben" ist die katholische Seelsorgeeinheit Wersten-Himmelgeist in Düsseldorf neue Wege gegangen“, unterstrichen die Juroren. An sechs Haltestellen, darunter Bushaltestelle und Friedhof, wurden musikalische und literarische Impulse zu Lebenslagen und Lebensfragen gegeben. 70 Teilnehmer waren bei dem außergewöhnlichen Abendspaziergang dabei. Stellvertretend für das Vorbereitungsteam nahm Pastoralreferent Martin Kürble den Bonifatiuspreis und den mit 2.000 Euro dotierten Scheck entgegen.

Zu der getroffen Jury-Entscheidung betonte Generalsekretär Msgr. Georg Austen, dass die das Orojekt alle Kriterien eines zeitgemäßen missionarischen Handelns erfülle. Theologie und Glaube müssten die Menschen in ihren primären Lebenswelten erreichen und dürften kein abgehobenes „Sondergut“ darstellen, so Austen weiter. Gerade in Düsseldorf zeige sich, dass kirchliches Handeln sehr wohl in der Lebenswirklichkeit eines säkular und multikulturell geprägten Milieus präsent sein könne – und das auf sehr sympathische und einladende Weise. Das Bild der „Haltestelle“ demonstriere zudem sehr eindringlich, dass Menschen in unserer mobilen und vieldimensionalen Gesellschaft mehr denn je auch häufig „verunsichert“ und „heimatlos“ seien. Der moderne Mensch verstehe sein Dasein als fortschreitendes Unterwegs-Sein und müsse in seiner religiösen Grundbefindlichkeit ganz neu und erfahrungsorientiert angesprochen werden.

Auch Jurymitglied Bischof Dr. Joachim Wanke lobte die Aktion. „Die Idee des Projektes ist originell; der Mut, sich auch an ungewohnte Orte zu wagen, verdient Respekt; die Gestaltung der einzelnen Stationen greift einfühlsam das heutige Lebensgefühl von Zeitgenossen auf“, hieß es in der schriftlichen Begründung des Erfurter Oberhirten. Das Projekt aus Wersten-Himmelgeist mache Mut, mit Phantasie und einfachsten Mitteln Menschen auf das Evangelium hin in Bewegung zu bringen. „Es ist ein einladendes Beispiel dafür, wie anfängliche Ratlosigkeit pastoral kreativ machen kann.

Die Seelsorgeeinheit Wersten Himmelgeist liegt im Stadtteil Düsseldorf-Benrath. Sie besteht aus den drei Gemeinden St. Maria Rosenkranz, St. Maria in den Benden und auch St. Nikolaus Himmelgeist mit insgesamt rund 11 000 Katholiken. Die Gemeinden haben sehr unterschiedliche Prägungen. St. Maria Rosenkranz verfügt über eine eher ältere Stammgemeinde mit einem kleineren Teil an jungen Familien. Sie ist mit 6000 Katholiken die größte der drei Gemeinden. St. Maria in den Benden hat einen gemischten Gemeindekern: eine KAB Siedlung und Neubaugebiete mit jungen Familien. Die St. Nikolaus Gemeinde besteht aus rund 600 Mitgliedern. Sie ist mit ihrer 900 jährigen Geschichte die „Muttergemeinde“ der Seelsorgeeinheit. Der Gesamt-Pfarrgemeinderat und die Seelsorger (Pfarrer, Kaplan, Pastoral- und Gemeindereferent) bringen die verschiedenen Interessen und Ausrichtungen zeitgemäß und zukunftsorientiert miteinander in Einklang. Besonders legen sie Wert auf innovative Angebote in der Pastoral.

Nachdem eine Reihe zur Erwachsenenbildung in der Vorbereitungszeit nicht zustande gekommen ist, überlegen Laien und Seelsorger, wie sie kurzfristig eine Alternative anbieten können. Im offenen Gespräch entscheiden sie sich für eine abendliche Wallfahrt mit Impulsen aus Text und Musik und Aktionen.

Dabei sollen auch Menschen, die weder an den Gottesdiensten noch an den Vereinsaktivitäten teilnehmen, in den Blick genommen werden. Das Vorbereitungsteam beschäftigt sich intensiv mit dem eigenen und dem Leben der Menschen in den Stadtteilen. Es sucht nach Wegen, die christliche Botschaft mit einfachen, aber überraschenden Mitteln weiterzugeben. Hierfür wird ein Ansatz ausprobiert, der die Menschen der heutigen Gesellschaft neugierig auf die Gemeinschaft und ihre Botschaft, auf eine neue Auseinandersetzung mit sich selber, den eigenen Wurzeln und Kraftquellen, und damit auch mit Gott machen soll.

Der zweite Platz: "Nacht des Lichtes"

Über den mit 1500 Euro dotierten zweiten Platz freute sich bei der Bonifatiuspreis-Verleihung 2008 Pfarrer Herbert Gugler von der Gemeinde St. Anna in Dinkelscherben. Seit mehreren Jahren organisiert seine Pfarrei am Abend vor Allerheiligen eine Lichterprozession zum Friedhof als Alternative zum Halloween-Gruseln. Mehrere Hundert Menschen aller Altersgruppen nehmen alljährlich an Gottesdienst und anschließendem Lichterzug teil.

„Die Lichternacht stellt christliche Traditionen wieder in den Mittelpunkt der Gesellschaft“, betonten die Juroren. „Wir müssen uns mit unserem religiösen Deutungsangebot nicht verstecken. Die Lichterprozession zeigt: Es gibt eine Wirklichkeit jenseits der allzu oft banalen Alltäglichkeit, die nicht – wie Halloween – Angst und Schrecken verbreitet, sondern etwas erahnen lässt von der wahren Sehnsucht der Menschen. Das Angebot trifft ganz offensichtlich auf ein Bedürfnis gerade junger Menschen nach Transzendenz und Religiosität, das durch vordergründige Horrorvorstellungen nicht befriedigt werden kann.“


Lichtprozession statt Klamauk

Am Vorabend des Allerheiligentages versammeln sich die Ministranten in der dunklen Kirche. Sie stimmen sich mit Texten und Liedern ein, bevor sie mit Fackeln zum nahen Friedhof ziehen. Dort entzünden die Teilnehmer Kerzen auf den Gräbern ihrer Verstorbenen. Während ihres Zuges erleben sie Gleichaltrige, die mit Lärm und Spukgestalten Halloween feiern. Die Ministranten gewinnen immer mehr Teilnehmer, die damit dem Kürbisfest die rote Karte zeigen.

Sonderpreis: "Folge dem Stern! - Missionarische Projekte zum Weihnachtsmarkt"

Einen Sonderpreis erhielt 2008 das Projekt „Folge dem Stern“ der Theologischen Fakultät der Universität Erfurt, „weil hier im dezidiert säkularen Umfeld des Erfurter Weihnachtsmarktes der eigentliche Sinn der christlichen Symbolik und damit die froh machende Botschaft von der Mensch- und Kindwerdung Gottes erneut zugänglich gemacht und zeitgemäß interpretiert werden soll“, so Bonifatiuswerk-Generalsekretär Monsignore Austen.

Dabei gehe es nicht nur darum, allgemein abendländisches Kulturgut neu in das Bewusstsein der Menschen in den neuen Bundesländern zu heben, sondern den ursprünglichen Sinn des adventlichen Brauchtums zu erschließen und „vom Ballast der alles überlagernden vorweihnachtlichen Konsummaschinerie zu befreien“.

Antworten geben

In der Vorweihnachtszeit begegnen uns viele adventliche Symbole, die als Brauchtum bekannt und beliebt sind. Doch was bedeutet eigentlich Advent? Und wie bereiten sich Christen im Glauben auf Weihnachten vor? Immer mehr Menschen wissen dies heute nicht mehr. Das Projekt „Folge dem Stern!“ will deshalb Antworten auf diese Fragen geben. 2007 machte sich Prof. Dr. Maria Widl zum ersten Mal gemeinsam mit Studierenden der Kath.- Theol. Fakultät der Universität Erfurt auf den Weg, um den Besuchern des Erfurter Weihnachtsmarktes die Adventszeit näherzubringen. Im hektischen vorweihnachtlichen Treiben, zwischen Einkaufstüten und Glühwein schafften die Studenten Orte der Begegnung und schlugen damit eine Brücke zu der Frage: Warum und wie feiern wir als Christen den Advent? Sechs verschiedene Aktionen im Umkreis des Weihnachtsmarktes luden Weihnachtsmarktbesucher und Passanten ein, über Advent, Glauben und Christsein ins Gespräch zu kommen.

Aktion 1: Der Stern als Wegweiser durch den Advent

Die Studierenden verschenkten 750 Strohsterne an die Weihnachtsmarktbesucher, zusammen mit einer adventlichen Karte, bedruckt mit einem Stern und einer Einladung zu weiteren Aktionen. Sie erzählten über ihre Projektidee und erklärten, dass Christen sich in der Adventszeit auf die Ankunft Jesu in der Welt vorbereiten.

Aktion 2: Die Krippe als Weihnachtsgeschichte

Die Krippe auf dem Erfurter Weihnachtsmarkt versahen die Studenten mit drei Info-Ordnern, die Besucher zum Blättern und Stöbern anregten. Sie fanden darin u. a. Erklärungen zu Bedeutung und Ursprung der Weihnachtskrippe Und Auszüge aus der biblischen Weihnachtsgeschichte.

Aktion 3: Erlebnisrundgang durch den Erfurter Dom

Ein Erlebnisrundgang führte die Besucher durch den dunklen, nur mit Kerzenwegen erleuchteten Erfurter Dom. An einzelnen Haltepunkten in der Kirche begegneten ihnen Gegenstände und Symbole mit adventlichem Bezug. Über einen tragbaren Audioguide erfuhren sie mehr – z.B. über ein Gemälde, das die heilige Familie zeigt.

Aktion 4: Stille statt Trubel

Als Kontrast zum hektischen Treiben auf dem Weihnachtsmarkt errichteten die Studenten in der Severikirche neben dem Dom einen Ort der Stille. Warmer Kerzenschein und sanfte Choralmusik luden hier zum Innehalten und zur Besinnlichkeit ein. Mit Teelichtern steuerten die Besucher einzelne Lichtinseln an, an denen z.B. Texte über „Engel“ und „Sterne“ gelesen wurden.

Aktion 5: Zwischentöne

In dieser 20-minütigen Aktion stellte ein Quintett das Adventslied „Komm, du Heiland aller Welt“ in mehreren musikalischen Variationen und Arrangements vor. Zwischen den Musikstücken begegnete der Advent den Zuhörern in Meditationen und Kunstwerken – z. B. der „Einhornjagd“, einem Gemälde, das die Ankündigung der Geburt Jesu darstellt.

Aktion 6: Adventsegen

Ein Adventssegen und eine Meditation über das Lichtmotiv begleiteten das Anzünden von Adventskranzlichtern auf den Domstufen und weckten das Interesse der Passanten an der Heiligen Messe. Grüne und rote Tücher auf dem Boden, bestückt mit Teelichtern, symbolisierten den Adventskranz.

Sonderpreis: "Gebetsschule der Osnabrücker Domgemeinde"

Die Gebetsschule der Osnabrücker Domgemeinde wurde 2008 mit dem zweiten Sonderpreis bedacht, weil Beten immer neu eingeübt werden muss und die dabei gemachten Erfahrungen begleitet und vertieft werden müssen. „Eine Gebetsschule ist der Anstoß eines inneren Prozesses, der fortgesetzt fachkundiger Anleitung und Fortführung bedarf. Eine missionarische Kirche wird ohne eine ausgesprochen spirituelle Begleitung suchender (junger) Menschen letzten Endes erfolglos bleiben, weil gerade das lebendige Gebet, das Zwiegespräch mit Gott im Innersten der Seele, zum Kern des religiösen Daseins überhaupt gehört“, so Bonifatiuswerk-Generalsekretär Msgr. Georg Austen.

„Beten für die Stadt“

Ein feierlicher Anblick bot sich allen, die am Abend des 16. November 2007 den Osnabrücker Gertrudenberg zur Klosterkirche hinaufstiegen: Am Aussichtspunkt, hoch über der Stadt, hatten sich 40 Gläubige versammelt, die im warmen Licht zahlreicher Kerzen und Laternen für die Menschen der Stadt beteten. Zuvor hatte sie eine Lesung aus Jeremia 29, 4-9, „Suchet der Stadt Bestes“, auf das „Beten für die Stadt“ eingestimmt. Nun baten sie für die Einwohner von Osnabrück um Solidarität, Gerechtigkeit und Gemeinschaft, um Segen für Hilfesuchende, Kinder, Kranke und Bedürftige – Anliegen, die zuvor in einem vor dem Dom aufgestellten Briefkasten gesammelt worden waren.

Das „Beten für die Stadt“ war eines von vielen spirituellen Angeboten der Kirchengemeinde St. Petrus-Dom im Rahmen ihrer Gebetsschule. Hinter der Gebetsschule stand der Wunsch des Pfarrteams, Menschen neue Wege zum Gebet und der Annäherung an Gott zu eröffnen. Dabei ging es vor allem um aktives Mitmachen: „Wir haben Menschen aus unserer Gemeinde angesprochen, die von ihrer eigenen Gebetspraxis erzählt und andere dazu eingeladen haben. Das ging von den Ordensfrauen über den Domchor bis zum Universitätsprofessor. Auf diese Weise haben wir unterschiedliche Zugänge zum Gebet ermöglicht“, erzählt Pfarrer Ulrich Beckwermert.

Vielfältige Angebote, einen Monat lang

Einen ganzen Monat lang lud die Gebetsschule Menschen in Osnabrück mit vielfältigen Angeboten zum Dialog mit Gott ein. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer konnten z.B. jeden Mittwoch im November um 12.30 Uhr zu einem „Kurzgebet in der Mittagspause“ in die Kirche kommen – ein Angebot, das die Menschen gerne nutzten.

Einen ganz individuellen Zugang zum Gebet fanden die Teilnehmer im Workshop „Beten mit Farben“. Hier ging es darum, Glauben und die persönliche Beziehung zu Gott in Farben und Formen bildlich auszudrücken.

Besondere Gebetsorte wie Schulen, Krankenhäuser und Klöster boten einen neuen Rahmen für den Dialog mit Gott. So luden die Osnabrücker Benediktinerinnen an zwei Abenden von 19.30 Uhr bis Mitternacht in ihr Kloster zum gemeinsamen Gebet ein. Wer keine Möglichkeit hatte, die Orte des Gebets selbst aufzusuchen, konnte kurzerhand einen ambulanten Gebetsdienst zu sich nach Hause bitten. Ein Anruf im Pfarrbüro reichte und ein Gemeindemitglied machte sich auf den Weg, um mit dem Anrufer über Gott zu sprechen und mit ihm zu beten.

Die Gebetsschule stieß auf große Resonanz. „Viele Menschen wollen beten, wissen aber nicht genau, wie. Sie brauchen Hilfestellungen, die ihnen die Gebetsschule in vielfältiger Weise geboten hat“, fasst Pfarrer Beckwermert die positiven Erfahrungen zusammen.