ERSTER PREISTRÄGER

"One Minute Homily" - in einer Minute auf den Punkt

Dag Heinrichowski SJ nimmt eine One-Minute-Homily in der außerschulischen Jugendarbeit am Canisius-Kolleg auf (Foto: Felix Schaich SJ)
Dag Heinrichowski SJ nimmt eine One-Minute-Homily in der außerschulischen Jugendarbeit am Canisius-Kolleg auf (Foto: Felix Schaich SJ)

Kurz, verständlich und alltagsrelevant soll sie sein: Die „One-Minute-Homily“ von zehn deutschen Jesuiten erläutert die Botschaft des Evangeliums. Das Video-Projekt auf Facebook und Youtube hat nun den "Bonifatiuspreis für missionarisches Handeln in Deutschland" gewonnen.

Ein Evangelium, eine Predigt, eine Minute Zeit – das ist das Grundgerüst der „One Minute Homily“ von jungen Jesuiten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mit wenigen Sätzen erklären sie in ihren Videos, was der biblische Text mit dem Leben der Menschen heute zu tun hat.


Verständlich und lebensnah

„Das ist gar nicht so leicht“, gibt Dag Heinrichowski zu. Der Jesuit hat die Idee aus Amerika nach Deutschland geholt und das zehnköpfige Team aufgebaut. „Gerade uns Jesuiten fällt es manchmal auch schwer, einen klaren Gedanken zu haben und nicht zu viel um die Ecke zu denken“, sagt Heinrichowski und lacht. Doch für komplizierte theologische Erklärungen bleibt in den kurzen Videos keine Zeit. Es sei aber auch keine Alternative, das Sonntagsevangelium nur nachzuerzählen. „Wir überlegen, was die Texte mit unserem Alltag und unserem Leben zu tun haben“, sagt Heinrichowski.

Am Sonntag des 3. Novembers 2019 berichtet das Evangelium vom Zöllner Zachäus und Jesus, der bei ihm einkehrt und sich dafür rechtfertigen muss. „Ganz spontan? In dem Text geht es um Anerkennung. Wo fühle ich mich manchmal nicht beachtet? Zachäus klettert schließlich auf einen Baum, um gesehen zu werden“, schlägt Heinrichowski als Video-Impuls vor. „Man könnte auch der Frage nachgehen, was eine spontane Einladung auslöst. Wo überrumpelt Gott mich im Alltag manchmal?“

Wichtig sei es, gerade bei längeren und komplizierteren Bibeltexten, dass man sich auf einen Aspekt konzentriere. „Da müssen wir auch mutig sein und kürzen. Eine Minute reicht nicht, um drei oder vier Gedanken auszuarbeiten“, sagt Heinrichowski. Er dürfe auch nicht zu viel voraussetzen: „Vielleicht kennen unsere Zuschauer gar nicht den Bibeltext. Da müssen wir auch die Balance halten.“

Hauptsache, unsere Botschaft erreicht die Menschen.

Dag Heinrichowski SJ

Angefangen hat das Projekt im vergangenen Advent am Berliner Canisius-Kolleg. Dort hat Heinrichowski zwei Jahre in der Jugendarbeit gearbeitet. „Wir wollten den Schülern in den geprägten Zeiten wie Advent und Fastenzeit tägliche Impulse mitgeben“, sagt er. Zum Aschermittwoch predigte Heinrichowski in der Schule über Selbstoptimierung und Ehrlichkeit und nutzte das Thema für das erste Youtube-Video. „Ich habe den Schülern gesagt, dass sie heuchlerisch sind, wenn sie für mehr Klimaschutz demonstrieren, aber in der Schule die Heizung ständig laufen lassen.“ Genauso habe er auch Beispiele für Lehrer und für Jesuiten genannt. „Die Rückmeldungen der Schüler waren erstaunlich positiv. Sie fanden es super, dass ich den biblischen Text mit ihrer Welt verbinden konnte.“


Kirchenferne Menschen erreichen

Die Jesuiten veröffentlichen seitdem jede Woche eine neue Mini-Predigt auf ihrem Facebook und Youtube-Kanal. 1400 bis 2500 Nutzer erreichen die Jesuiten mit ihren Videos. Ihr Ziel: nicht nur die Menschen erreichen, die am Sonntag eh im Gottesdienst sind, sondern die, die nur selten in eine Kirche gehen, aber grundsätzlich interessiert und auf der Suche nach spirituellen Impulsen sind. „Wir haben natürlich keine Möglichkeit zu messen, ob uns das gelingt. Aber wir haben doch nichts zu verlieren. Hauptsache, unsere Botschaft erreicht die Menschen“, sagt Heinrichowski. Seine Erfahrung: Je besser ein Thema getroffen und je relevanter es für das Leben der Menschen ist, desto öfter wird das Video auf den Social-Media-Plattformen geteilt.

Dass sie mit ihren Predigt-Videos einen Preis gewinnen könnten, damit hätten sie nie gerechnet, sagt Heinrichowski. Einen Teil des Preisgelds will das Video-Team nun für eine Fortbildung ausgeben. Dabei soll es um den Umgang mit Kamera und Mikrofon, aber auch um den sprachlichen Ausdruck gehen. „Wir sind mit viel Freude dabei, aber wir sind natürlich Amateure. Wir haben kein Filmstudio, sondern stehen alleine vor der Kamera oder nehmen uns gegenseitig auf“, sagt Heinrichwoski. „Es wäre toll, wenn wir lernen, wie wir die Qualität unserer Videos noch verbessern könnten.“

(Kerstin Ostendorf)