Schutzkonzept zur Prävention sexualisierter Gewalt im Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken e.V.
 

Einleitung

Das Bonifatiuswerk fördert die Seelsorge insbesondere in den Diasporabereichen der Deutschen und der Nordischen Bischofskonferenz sowie in Estland und Lettland durch ideelle und materielle Unterstützung. Es verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und kirchliche Zwecke. Aufgabe des Bonifatiuswerkes ist die Förderung kirchlicher Zwecke und des Glaubenslebens.

Das Bonifatiuswerk leistet subsidiäre Unterstützung in Form der Hilfe zur Selbsthilfe. Gemäß einer Vergabeordnung erhält das Bonifatiuswerk Anträge zur Förderung von Projekten aus den Bereichen Bauhilfe, Verkehrshilfe, Kinder- und Jugendhilfe, Glaubenshilfe sowie innovative missionarische Projekte aus den (Erz-)Diözesen.  

In der Arbeit des Bonifatiuswerkes dient das vorliegende Schutzkonzept der Prävention sexualisierter Gewalt und regelt darüber hinaus den Umgang mit Verdachtsfällen auf sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen. Das Schutzkonzept fügt sich in die Ordnungen ein, die am 18. November 2019 vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) beschlossen wurden, und zu deren Übernahme und Einhaltung sich das Bonifatiuswerk verpflichtet.1 Ebenso verpflichtet sich das Bonifatiuswerk mit dem vorliegenden Schutzkonzept auf die „Maßgaben zur Prävention sexualisierter Gewalt bei den weltkirchlichen Werken.“2 Die Ordnung zur Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen (Präventionsordnung – PrävO) des Erzbistums Paderborn findet in ihrer jeweils geltenden, im Amtsblatt des Erzbistums Paderborn veröffentlichen Fassung, Anwendung.

Sexualisierte Gewalt ist ein schreckliches Verbrechen, das die Opfer und ihre Angehörigen für ihr ganzes Leben zeichnen kann. Sie verdunkelt auch massiv das Zeugnis für Jesus Christus, der in besondere Weise ein Freund der Kinder und der Schutzbedürftigen ist (vgl. Markus 9,36f.). Sexualisierte Gewalt steht damit diametral dem Auftrag des Bonifatiuswerkes als Hilfswerk für den Glauben entgegen. Das Bonifatiuswerk weiß sich daher in besonderer Weise verpflichtet, gemeinsam mit den Projektpartnern eine Kultur des Respekts, der Wertschätzung und der Achtsamkeit zu etablieren – sowohl innerhalb der geförderten Projekte als auch in der Zusammenarbeit zwischen dem Bonifatiuswerk und seinen Projektpartnern. In diesem Umfeld müssen menschliche und geistliche Entwicklungen gefördert, sowie Würde und Integrität geachtet werden. Dabei soll vor Gewalt, insbesondere vor sexualisierter Gewalt geschützt werden. Bereits psychische und physische Grenzverletzungen sind zu vermeiden. Anspruch und Ziel eines achtsamen Miteinanders beschränken sich dabei selbstverständlich nicht allein auf die in diesem Konzept beschriebenen Rahmenbedingungen, sondern sind für die gesamte Arbeit des Bonifatiuswerkes nach innen wie nach außen maßgeblich.

Grundlage für die Festlegung der Präventionsmaßnahmen ist eine erarbeitete Risikoanalyse.

Begriffsbestimmungen:
Das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken e. V. verwendet den Begriff sexualisierte Gewalt wie inden Rahmenordnungen der DBK beschrieben. Er umfasst sowohl strafbare als auch nicht strafbare sexualbezogene Handlungen und Grenzverletzungen:
• Handlungen gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach dem 13. Abschnitt des Strafgesetzbuches (StGB)
• Handlungen gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach kirchlichem Recht, die an Minderjährigen oder Personen begangen werden, deren Vernunft habituell eingeschränkt ist, und die u. a. im „Codex Iuris Canonici“ und dem Motu proprio „Sacramentorum Sanctitatis Tutela“ und im Apostolischen Schreiben „Vos estis lux mundi“ geregelt sind.3
• Handlungen unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit, die im Umgang mit Kindern, Jugendlichen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen eine sexualbezogene Grenzverletzung oder einen sonstigen sexuellen Übergriff darstellen. 

Schutzbefohlene sind Kinder, Jugendliche sowie schutz- oder hilfebedürftige Erwachsene im Sinne des § 225, Abs. 1 StGB. Weiterhin sind darunter Personen zu verstehen, die einem besonderen Macht- oder Abhängigkeitsverhältnis unterworfen sind, das auch im seelsorglichen Kontext oder aufgrund finanzieller Gefälle in der inländischen und weltkirchlichen Arbeit gegeben sein kann.
Mitarbeitende im Sinne dieses Schutzkonzepts sind die Mitglieder der Geschäftsführung, alle angestellten Mitarbeitenden, Praktikantinnen und Praktikanten sowie für das Bonifatiuswerk in der  operativen Arbeit ehrenamtlich tätige Personen.
Projektpartner sind Vertreterinnen und Vertreter von Organisationen und kirchlichen Strukturen, die vom Bonifatiuswerk gemäß seiner Satzung und Vergabeordnung gefördert werden. 

Prävention sexualisierter Gewalt

Die präventiven Maßnahmen umfassen Standards der Personalpolitik, Verhaltensrichtlinien für verschiedene Personengruppen sowie Leitlinien für die Arbeitsbereiche Projektarbeit, Spendenmarketing, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. 

Personalauswahl  
Zur Umsetzung des Schutzkonzepts ergreift das Bonifatiuswerk im Rahmen seines Personalmanagements Präventionsmaßnahmen. Hierbei sind wir uns bewusst, dass es keinen hundertprozentigen Schutz davor gibt, potenzielle Täterinnen und Täter einzustellen, doch hat ein deutliches Bekenntnis zum Schutz Minderjähriger und Schutzbefohlener oder hilfebedürftiger Erwachsener abschreckende Wirkung auf mögliche Täterinnen und Täter und sensibilisiert die Mitarbeitenden für das Thema. 

Personalentwicklung, Schulungen
Die Personalverantwortlichen thematisieren die Prävention sexualisierter Gewalt in geeigneter Form im Vorstellungsgespräch, während der Einarbeitungszeit sowie – dem Arbeits- und Aufgabenfeld angemessen – in regelmäßigen Gesprächen.
Alle Mitarbeitenden des Bonifatiuswerkes nehmen verpflichtend an einer Basisschulung zu Fragen der Prävention sexualisierter Gewalt teil. Darüber hinaus ermöglicht das Bonifatiuswerk spezielle Schulungen je nach Funktion und Aufgabe der Mitarbeitenden.

Erweitertes Führungszeugnis
Alle neuen und bereits tätigen Mitarbeitenden sind verpflichtet, ein erweitertes Führungszeugnis einzureichen, wenn sie einer regelmäßigen Tätigkeit nachgehen, die die Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger enthält oder die in vergleichbarer Weise geeignet ist, Kontakt zu Minderjährigen bzw. Schutzbefohlenen gem. Definition aufzunehmen.
Dieses Zeugnis ist alle fünf Jahre erneut vorzulegen. Die anfallenden Kosten trägt der Dienstgeber. Zur Einstellung bzw. Weiterbeschäftigung ist ein erweitertes Führungszeugnis ohne einschlägige Vorstrafen erforderlich. Das Bonifatiuswerk stellt den Datenschutz im Umgang mit den Führungszeugnissen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen sicher. 

Selbstverpflichtungserklärung
Alle neuen und bereits tätigen Mitarbeitenden erhalten ein Exemplar des Schutzkonzepts. Sie verpflichten sich dazu, die im Schutzkonzept aufgeführten Verhaltensrichtlinien einzuhalten. Dies geschieht durch die Unterzeichnung der Selbstverpflichtungserklärung (siehe Anhang 1).

Regeln für vom Bonifatiuswerk beauftragte Personen/ Entsandte
Vom Bonifatiuswerk beauftragte Honorarkräfte, Ehrenamtliche z. B. Beraterinnen und Berater sowie Entsandte (z. B. Praktikum im Norden) verpflichten sich mit Unterzeichnung des Vertrags bzw. der Beauftragungsvereinbarung auf die Einhaltung des Schutzkonzepts und der darin aufgeführten Verhaltensrichtlinien. Falls im Rahmen der Beauftragung ein regelmäßiger Kontakt mit Minderjährigen oder erwachsenen Schutzbedürftigen zu erwarten ist, wird zusätzlich ein erweitertes Führungszeugnis eingefordert. Bei der Zusammenarbeit mit Entsendeorganisationen, Einrichtungen in denen junge Erwachsene im Rahmen des „Praktikum im Norden“ oder zum „Freiwilligen Bonifatius Dienst“ eingesetzt sowie Organisationen, deren Mitarbeitende für das Bonifatiuswerk tätig sind, stellt das Bonifatiuswerk sicher, dass diese Organisationen ein Schutzkonzept haben, gemäß der für sie geltenden kirchlichen Vorgaben.

Verhaltensrichtlinien
Im Rahmen seiner Verantwortung für die Sicherheit von Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen hat das Bonifatiuswerk Verhaltensrichtlinien für seine Mitarbeitenden entwickelt. Diese sollen den respektvollen und angemessenen Umgang mit Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen sicherstellen, handlungsweisend für die Mitarbeitenden sein und sie zugleich vor missverständlichem Verhalten bewahren.
Alle Mitarbeitenden des Bonifatiuswerkes verpflichten sich durch das Unterzeichnen einer Selbstverpflichtungserklärung (siehe Anhang 1) zur Einhaltung der folgenden Verhaltensrichtlinien:
• Das Schutzkonzept des Bonifatiuswerkes zur Prävention sexualisierter Gewalt wird in seiner aktuell gültigen Version befolgt.
• Allen Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen ist gleichermaßen mit Respekt zu begegnen, ihre Rechte sind zu achten und sie sind als Personen ernst zu nehmen.
• Es ist verantwortungsbewusst mit Nähe und Distanz umzugehen. Die Selbstbestimmung von Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen im Umgang mit ihnen ist zu respektieren, dabei sind kulturelle Besonderheiten zu beachten.
• Bei Begegnungen mit Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen ist darauf zu achten, dass stets mindestens eine weitere erwachsene Person in Sicht- oder Hörweite ist.
• In der Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation ist das Lebensumfeld von Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen zu respektieren und ihre Würde und Rechte, darunter auch das Recht am eigenen Bild, zu wahren.
• Sämtliche Verdachtsfälle sind unmittelbar an die zuständigen Ansprechpersonen zu melden.
• Minderjährige und schutz- oder hilfebedürftige Erwachsene werden weder verbal, emotional, körperlich, noch sexuell misshandelt.
• Gewaltsames oder missbräuchliches Verhalten gegenüber Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen ist weder zu dulden, noch zu unterstützen.

Ebenso verpflichten sich alle Personen, die im Rahmen von Verträgen oder aufgrund einer sonstigen schriftlichen Beauftragung für das Bonifatiuswerk tätig werden, durch die Unterzeichnung der Verträge bzw. Beauftragungsvereinbarungen, zur Einhaltung der darin aufgeführten Verhaltensrichtlinien. 

Prävention in der Projektarbeit

Das Bonifatiuswerk ist nicht selbst Träger der geförderten Projekte, sondern unterstützt Projekte in unterschiedlichen Trägerschaften in der Diaspora von Deutschland, Nordeuropa, Estland und Lettland. Deshalb trägt das Bonifatiuswerk keine rechtliche Verantwortung und Haftung im Sinne von Personal- und Fachaufsicht in den geförderten Projekten und kann im Fall eines Missbrauchs auch nicht direkt vor Ort oder im Projekt handeln. Das Bonifatiuswerk bekennt sich dennoch zur moralischen Verantwortung für das Wohl aller Schutzbefohlenen in den von ihm geförderten Projekten. Daher unterstützt das Werk die Projektpartner dabei, Maßnahmen zum Schutz vor Missbrauch zu ergreifen, und unterstreicht im Dialog mit ihnen die gemeinsame Verantwortung für die Prävention sexualisierter Gewalt.

Verpflichtung der Projektpartner  
Grundlage der Projektförderung ist der unterschriebene, formelle Antrag des Projektpartners und die Annahme des Antrags durch schriftliche Bewilligung einer finanziellen Unterstützung durch das Bonifatiuswerk. Als Teil der Prävention sexualisierter Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen verpflichtet sich jeder Projektträger mit Unterzeichnung der Projektvereinbarung,
(1) die erforderlichen kirchlichen und staatlichen Genehmigungen zur Durchführung des Projektes einzuholen,
(2) alle national wie international anzuwendenden Gesetze, Verordnungen und sonstigen Vorschriften weltlicher und kirchlicher Gesetzgebung einzuhalten, etwa in den Bereichen Steuern und Abgaben, Sozialversicherung, Rechnungslegung, Register- und Meldewesen, Arbeitssicherheit, Sozialstandards (z.B. Mindestlohn, Arbeitszeit, Kinderarbeit), Korruptionsbekämpfung, Prävention und Anzeigepflicht von sexuellem Missbrauch etc.,
(3) alle geeigneten Maßnahmen zur Prävention sexualisierter Gewalt an Minderjährigen und erwachsenen Schutzbefohlenen zu ergreifen. Bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch von Minderjährigen oder erwachsenen Schutzbefohlenen sowie Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung während der Projektlaufzeit besteht über die Verpflichtungen hinaus, die sich aus (2) ergeben, Meldepflicht auch gegenüber dem Bonifatiuswerk.

Schutzkonzepte in Projekten
Bei Projektvorhaben, die als direkte Zielgruppe Minderjährige, schutz- oder hilfebedürftige Erwachsene haben, prüft das Bonifatiuswerk standardmäßig, ob ein institutionelles Schutzkonzept vorliegt, in dem für das geplante Projekt geeignete Maßnahmen getroffen werden, um die Zielgruppe vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Sind diese Maßnahmen aus Sicht des Bonifatiuswerkes nicht ausreichend und bei mangelnder Bereitschaft, Maßnahmen zum Schutz vor sexualisierter Gewalt zu ergreifen, ist eine Förderung nicht möglich.

Aufbau von Kapazitäten vor Ort
Bei Bedarf fördert das Bonifatiuswerk Schulungen, Fort- und Weiterbildungen für Mitarbeitende und Ehrenamtliche in kirchlichen und sozialen Projekten.  

Prävention in Spendenmarketing, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit

Zu einem umfassenden Ansatz des Schutzes vor sexualisierter Gewalt gehören die Wahrung von Würde und Integrität und ein respektvoller Umgang mit Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen. Deshalb achtet das Bonifatiuswerk darauf, dass jegliche Herstellung und Verbreitung medialer Inhalte die Würde von Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen respektiert. Das Bonifatiuswerk orientiert sich generell am Pressekodex des Deutschen Presserates4 und erklärt jährlich, die Grundsätze des Deutschen Spendenrates5 zu befolgen.  

Für das Bonifatiuswerk gilt das kirchliche Datenschutzrecht, insbesondere die Anordnung über den kirchlichen Datenschutz für das Erzbistum Paderborn (KDO), in ihrer jeweils gültigen Fassung. Im Kontext der Prävention sexualisierter Gewalt hebt das Bonifatiuswerk die folgenden Grundsätze besonders hervor:
• Öffentlichkeitsarbeit und Spendenwerbung spiegeln die Tätigkeit der unterstützten Organisation und deren Schwerpunkte angemessen und wahrheitsgemäß wider.
• Minderjährige und schutz- oder hilfebedürftige Erwachsene werden nicht in einer Weise dargestellt, die für die Betroffenen herabsetzend oder erniedrigend ist oder auf andere Weise deren Würde beeinträchtigt.
Externe Berichterstattende werden über die allgemeinen Kommunikationsstandards zum Schutz von Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen informiert und auf deren Einhaltung verpflichtet. (Siehe Anhang 2: „Verpflichtungserklärung für die externe Berichterstattung“.) 

Umgang mit Verdachtsfällen auf sexualisierte Gewalt

Das im Folgenden beschriebene Verfahren (Fallmanagement) gewährleistet ein standardisiertes und nachvollziehbares Vorgehen bei Verdachtsfällen auf sexualisierte Gewalt im Kontext der Tätigkeit des Bonifatiuswerkes.

Grundsätzlich sind zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden:
A) Verdacht gegen Mitarbeitende des Bonifatiuswerkes oder gegen vom Bonifatiuswerk beauftragte Personen und Entsandte,
B) Verdacht gegen Mitarbeitende in vom Bonifatiuswerk geförderten Projekten.
Handelt es sich um Verdachtsfälle, die Mitarbeitende des Bonifatiuswerkes betreffen (A), greift das Fallmanagement des Bonifatiuswerkes, wie im weiteren Text beschrieben. Bei Verdachtsfällen im Rahmen geförderter Projekte (B) liegt die Verantwortung für die Nachverfolgung und Aufklärung beim Projektpartner.

Beim Umgang mit Verdachtsfällen gilt grundsätzlich:
• Alle Meldungen werden ernst genommen und geprüft.
• Betroffene werden geschützt und unterstützt.
• Für Beschuldigte gilt die Unschuldsvermutung, bis das Gegenteil bewiesen wird.
• Die im Rahmen des Fallmanagements behandelten Fälle werden streng vertraulich behandelt, insbesondere die Identität von betroffenen und beschuldigten Personen ist zu schützen.

Meldewege bei Verdachtsfällen
Jeder Verdacht auf sexualisierte Gewalt durch Mitarbeitende oder an Mitarbeitenden vom Bonifatiuswerk oder vom Bonifatiuswerk beauftragte Personen wird über die Geschäftsführung vom Bonifatiuswerk, über die Ansprechperson im Bonifatiuswerk oder direkt an die unabhängige Ombudsperson des Bonifatiuswerkes gemeldet (siehe Ansprechpersonen)
Die Ombudsperson informiert – gegebenenfalls anonymisiert – die Geschäftsführung über die Meldung. Sollte sich der Verdacht gegen ein Mitglied der Geschäftsführung richten, informiert die Ombudsperson den Präsidenten des Bonifatiuswerkes oder dessen Stellvertretung. Ein Mitglied der Geschäftsführung oder der Präsident des Bonifatiuswerkes leitet das weitere Verfahren ein, wie es im Folgenden beschrieben wird. 

Untersuchung von Verdachtsfällen gegen Mitarbeitende des Bonifatiuswerkes oder gegen vom Bonifatiuswerk beauftragte Personen
Das allgemeine Vorgehen ist in der „Ordnung für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener durch Kleriker und sonstige Beschäftigte im kirchlichen Dienst“6 geregelt, auf die sich das Bonifatiuswerk mit diesem Schutzkonzept verpflichtet.
Im Verdachtsfall wird eine Untersuchungsgruppe zusammengerufen. Diese setzt sich zusammen aus einem Mitglied der Geschäftsführung, der zuständigen Bereichsleitung sowie der Ombudsperson. Richtet sich der Verdacht gegen ein Mitglied der Geschäftsführung, ist der Präsident des Bonifatiuswerkes hinzuzuziehen; bei einem Verdacht gegenüber dem/der direkten Bereichsvorgesetzten, die Leitung eines anderen Fachbereiches. Bei Verdachtsfällen gegen vom Bonifatiuswerk beauftrage Personen ist deren Arbeitgeber hinzuzuziehen.7
Die Untersuchungsgruppe erfasst den Sachverhalt. Dazu prüft sie die vorliegenden Informationen und befragt die Betroffenen (z. B. die Person, die den Verdacht gemeldet hat, die betroffene schutzbefohlene Person, die beschuldigte Person).8 Hat sich der Verdachtsfall im Ausland zugetragen, können vertrauenswürdige Kontakte im Fördergebiet hinzugezogen werden, z. B. Beauftragte des Ortsbistums für den Umgang mit Verdachtsfällen oder Mentoren des Projektes „Praktikum im Norden“. Dabei sowie im Rahmen des weiteren Vorgehens sind die Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten, die besondere Schutzbedürftigkeit Minderjähriger und anderer Schutzbefohlener und die Erfordernisse eines etwaigen Strafverfahrens zu berücksichtigen.9 Der Dienstgeber kann veranlassen, dass die beschuldigte Person vorübergehend vom Dienst oder von ihrer Beauftragung freigestellt wird bis der Sachverhalt aufgeklärt ist. Die beschuldigte Person kann eine Person ihres Vertrauens, die Mitarbeitervertretung oder einen Rechtsbeistand hinzuziehen.
Auf Grundlage der gesammelten Informationen gibt die Untersuchungsgruppe eine erste Einschätzung. Für das weitere Verfahren gibt es drei Fallkonstellationen:

a) Verdacht erhärtet sich nicht: Das Verfahren wird eingestellt, gegebenenfalls kann die Rehabilitierung der zu Unrecht verdächtigten Person nötig sein.
b) Verdacht erhärtet sich: Sobald tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer Straftat vorliegen, leitet das Bonifatiuswerk die Informationen an die zuständige staatliche Strafverfolgungsbehörde weiter.10 Neben den strafrechtlichen Konsequenzen werden arbeits- und dienstrechtliche Maßnahmen eingeleitet.11 Das Bonifatiuswerk trägt dafür Sorge, dass Betroffene Hilfe und Begleitung erhalten.
Unabhängig vom Ausgang der Untersuchung dokumentiert die Untersuchungsgruppe alle Fälle schriftlich und informiert die Beteiligten über die eingeleiteten Schritte und getroffenen Maßnahmen.
Die Öffentlichkeit wird unter Wahrung des Persönlichkeitsschutzes der Beteiligten in angemessener Weise informiert.12
c) Verstoß gegen die Selbstverpflichtungserklärung bzw. die Verhaltensregeln: Liegt ein Verstoß gegen die im Schutzkonzept genannten Verhaltensregeln vor, der keinen strafrechtlichen Tatbestand erfüllt, werden geeignete disziplinarische Maßnahmen ergriffen, z. B. Aufklärungsgespräch, Schulung und/oder Abmahnung. Die Mitarbeitervertretung wird in passender Weise einbezogen. '
Bei Personen, die vom Bonifatiuswerk beauftragt wurden, aber keine Mitarbeitenden sind, können die Maßnahmen von Aufklärung und Schulung bis zum Verbot weiterer Beauftragungen reichen. 

Verdacht auf sexualisierte Gewalt in vom Bonifatiuswerk geförderten Projekten
Alle Projektpartner verpflichten sich mit Unterzeichnung der Projektvereinbarung dazu, Verdachtsfälle in Projekten beim Bonifatiuswerk zu melden und sich an staatliche und kirchliche Gesetzgebung zu halten. Bei Verdachtsfällen im Rahmen geförderter Projekte greift das Fallmanagement des Projektpartners, denn dieser trägt die Personalverantwortung. Gibt es dort (noch) kein funktionierendes Fallmanagement, kann das Bonifatiuswerk bei der Suche nach geeigneten Aufklärungswegen (z. B. Einbeziehung lokaler nichtkirchlicher Kinder- oder Opferschutzorganisationen, internationaler kirchlicher Strukturen) unterstützen.
Das Bonifatiuswerk beobachtet und dokumentiert alle Verdachtsfälle in aktuell oder früher geförderten Projekten. Dazu wird eine Untersuchungsgruppe zusammengestellt, die aus einem Mitglied der Geschäftsführung, der zuständigen Bereichsleitung und ggf. der zuständigen Referentin bzw. dem zuständigen Referenten besteht. Die Gruppe sammelt Informationen zum Verdachtsfall und gibt eine Einschätzung zum weiteren Vorgehen. Besteht der Verdacht auf ein schweres Vergehen, kann die Zusammenarbeit mit dem Projektpartner zunächst vorübergehend ausgesetzt werden, d. h. es werden keine neuen Projekte bewilligt oder bei laufenden Projekten keine Auszahlungen mehr getätigt. Auch hier gibt es für das weitere Verfahren drei Fallkonstellationen:

a) Verdacht erhärtet sich nicht: Der Fall wird seitens des Bonifatiuswerkes dokumentiert und abgeschlossen. Der Projektträger trägt die Verantwortung dafür, dass die zu Unrecht verdächtigte Person gegebenenfalls rehabilitiert wird. Das Bonifatiuswerk setzt die Zusammenarbeit mit dem Projektpartner fort.
b) Verdacht erhärtet sich: Das Bonifatiuswerk beobachtet, ob die ortskirchlichen Regeln sowie weltkirchlichen Vorgaben zum Umgang mit Verdachtsfällen eingehalten werden und der Fall an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet wird. Der Projektträger sorgt dafür, dass Betroffene Hilfe und Begleitung erhalten. Wo nötig, müssen im Projekt Bedingungen geschaffen bzw. wiederhergestellt werden, um weitere sexualisierte Gewalt zu verhindern. Wenn dies erfolgreich der Fall ist, kann die Projektzusammenarbeit fortgesetzt werden.
Kann der Projektpartner nicht nachweisen, dass er sich um die Aufklärung von Verdachtsfällen oder eine Verbesserung der Bedingungen für Schutzbefohlene bemüht, wird die Zusammenarbeit auf Dauer beendet. Beim Verdacht auf Verschleierung werden geeignete höhere kirchliche oder weltliche Instanzen darüber informiert.
c) Nach lokalem Recht nicht strafbares, aber problematisches Verhalten in einem Projekt: Das Bonifatiuswerk unterstützt den Projektpartner bei Bedarf dabei, durch Aufklärung und Schulungen die Bedingungen für Schutzbefohlene im Projekt zu verbessern. Können nach angemessener Frist keine Verbesserungen festgestellt werden, wird überprüft, ob eine weitere Förderung zu rechtfertigen ist.
Alle Informationen zu Verdachtsfällen in Projekten sowie die getätigten Schritte werden dokumentiert. Alle involvierten Personen werden unter Wahrung des Persönlichkeitsschutzes der Beteiligten über den Ausgang der Untersuchung und über die getroffenen Maßnahmen informiert. 

Ansprechpersonen

Umgang mit Verdachtsfällen  auf sexualisierte Gewalt Prävention sexualisierter Gewalt
Unabhängige Ombudsperson* für das Bonifatiuswerk
Rechtsanwältin
Gabriela Joepen
Rathausplatz 12
33098 Paderborn
Tel.: +49 52 51 6 69 27
Fax:  +49 52 51 6 68 06
*Die Ombudsperson ist in ihrer Funktion neutral und weisungsunabhängig


Ansprechpartner im Bonifatiuswerk
Susanne Mathei
Tel.: +49 5251 2996 14
Mobil:  +49 162 2049883
E-Mail: susanne.mathei@bonifatiuswerk.de 

Monitoring

Die Umsetzung des Schutzkonzepts wird durch eine Arbeitsgruppe begleitet und beobachtet. Die Arbeitsgruppe setzt sich aus der Ansprechperson für Prävention im Bonifatiuswerk, den Bereichsleitungen der Bereiche Projektverwaltung, missionarische diakonische Pastoral und/oder des Stiftungszentrums des Bonifatiuswerkes, einem Mitglied der Mitarbeitervertretung sowie einem Mitglied der Geschäftsführung zusammen. Sie trifft sich in regelmäßigen Abständen sowie anlassbezogen, um organisationsinternes Lernen und den thematischen Austausch zu fördern. Nach Ablauf von zwei Jahren sind eine kritische Prüfung der im Rahmen des Schutzkonzepts vorgesehenen Maßnahmen und gegebenenfalls eine Überarbeitung des Konzeptes vorgesehen. Dabei werden sowohl neue rechtliche Vorgaben als auch im Verlauf der zwei Jahre gewonnene Erkenntnisse zur praktischen Verbesserung der Maßnahmen eingearbeitet. 

Inkrafttreten

Dieses Schutzkonzept tritt mit Beschluss des Bonifatiusrates des Bonifatiuswerkes der deutschen Katholiken e. V. in Kraft.
Paderborn, den 08.12.2022
Der Vorstand des Bonifatiuswerkes
Monsignore Georg Austen (Generalsekretär)
Ingo Imenkämper (Geschäftsführer)

Das Schutzkonzept zur Prävention sexualisierter Gewalt im Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken e.V. inklusive Selbstverpflichtungserklärung können Sie hier herunterladen: Download PDF


1 „Rahmenordnung – Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener durch Kleriker und sonstige Beschäftigte im kirchlichen Dienst“ sowie die „Ordnung für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener durch Kleriker und sonstige Beschäftigte im kirchlichen Dienst“.
2 „Maßgaben zur Prävention sexualisierter Gewalt bei den weltkirchlichen Werken“, beschlossen von der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz am 6. Mai 2020, vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz am 22./23. Mai 2020 zustimmend zur Kenntnis genommen. 
3 Can. 1395 § 2 CIC in Verbindung mit Art. 6 § 1 SST, nach can. 1387 CIC in Verbindung mit Art. 4 § 1 n. 4 SST wie auch nach Art 4 § 1 n. 1 SST in Verbindung mit can. 1378 § 1 CIC.
4https://www.presserat.de/pressekodex.html
5Deutscher Spendenrat e.V. » Die gute Tat im Blick
6 Diese Ordnung wurde vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz am 18. November 2019 in Würzburg beschlossen; im Folgenden als DBK-Ordnung bezeichnet. 7 Beim Verdacht gegen Priester oder Ordensleute vgl. zusätzlich DBK-Ordnung unter Nr. 15-19.
8Zum Gespräch mit den Betroffenen vgl. DBK-Ordnung Nr. 21-25; zur Anhörung des/der Beschuldigten vgl. ebd. Nr. 26-32 bzw. bei betroffenen Klerikern Nr. 36-39.
9Vgl. DBK-Ordnung Nr. 20.
10 Vgl. DBK-Ordnung Nr. 33-35.
11 Vgl. DBK-Ordnung Nr. 40-41 und 50 ff.
12 Vgl. DBK-Ordnung Nr. 56.