"DAS IST EIN KRIEG IN EUROPA"

Lettischer Erzbischof Stankevičs fürchtet Angriff Russlands auch auf das Baltikum

Zbigņev Stankevičs, Erzbischof von Riga in Lettland (Foto: Markus Nowak)
Zbigņev Stankevičs, Erzbischof von Riga in Lettland (Foto: Markus Nowak)

24.02.2022

"Wir haben die Hoffnung gehabt, dass das nicht passiert", kommentiert der Erzbischof von Riga in Lettland, Zbigņev Stankevičs, im Gespräch mit dem Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken e.V. die am heutigen Donnerstag begonnenen Angriffe Russlands auf die Ukraine. Das Diaspora-Hilfswerk fördert auch Projekte in Lettland und Estland. In diesen früheren Sowjetrepubliken ist die Sorge über das weitere Vorgehen Russlands besonders groß.

 

"Aufgewacht in einer anderen Welt"

"Mit dem heute begonnenen Angriff ist das schlimmste Szenario wahr geworden. Und es hat gezeigt, zu welchem Handeln er fähig ist", kommentiert Stankevičs das Vorgehen des russischen Präsidenten Putin. "Die heutigen Ereignisse haben alle Illusionen über den wahren Stand der Dinge nicht nur in der Ukraine, sondern in der gesamten euro-atlantischen Region beseitigt."

Der Rigaer Erzbischof sieht durchaus die Möglichkeit, dass Putin auch die baltischen Staaten, zu denen Lettland gehört, angreifen könnte. Wenn Putin die Ukraine mit Leichtigkeit erobere, werde er zu weiteren Schritten bereit sein, so Stankevičs. "Heute sind wir aufgewacht in einer anderen Welt. Das ist ein Krieg in Europa." Und Putin sei unberechenbar, unterstreicht der Erzbischof. "Die Repression in der Ukraine ist auch eine direkte Bedrohung für Lettland, weil wir an Russland angrenzen." Doch so lange Putin mit dem Krieg in der Ukraine beschäftigt sei, werde er keine weiteren Schritte unternehmen, hofft Stankevičs.

 

Viele Gebete für den Frieden

Lettische Christen hätten seit Beginn der Ereignisse in den Gemeinden aktiv für den Frieden in der Ukraine gebetet. Am 15. Februar habe im lutherischen Dom zu Riga ein ökumenischer Gottesdienst für den Frieden stattgefunden, berichtet der Erzbischof. Auch er selbst habe bereits vor einer Woche und am heutigen Morgen in diesem Anliegen eine Heilige Messe gefeiert, sagt Erzbischof Stankevičs – auch vor dem Hintergrund, dass rund 50.000 Ukrainer in Lettland lebten, darunter auch mit Rom unierte griechisch-katholische Christen.

 

Bonifatiuswerk in Gedanken bei den Ukrainern

Auch das Bonifatiuswerk zeigt sich nach dem russischen Angriff auf die Ukraine tief besorgt und solidarisch mit den Menschen im Land. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bonifatiuswerkes haben an diesem Donnerstagmittag gemeinsam für Frieden in der Ukraine gebetet. Zuvor hatte der Bereich Missionarische und diakonische Pastoral eigens zu diesem Anlass eine Gebetszeit vorbereitet, unter anderem mit dem Friedensgebet des Hl. Franz von Assisi: "Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens."


"Wir blicken mit großer Sorge und Entsetzen auf den jetzt begonnenen Krieg in der Ukraine und verurteilen den menschenverachtenden Angriff sowie das dortige Blutvergießen", sagt der Generalsekretär des Bonifatiuswerkes, Monsignore Georg Austen. "In dieser Situation wollen wir unsere Solidarität mit den Menschen in der Ukraine ausdrücken und uns im Gebet mit ihnen verbinden."


Seit 1995 unterstützt das Bonifatiuswerk die katholische Kirche in den baltischen Ländern Lettland und Estland. Allein im Jahr 2020 umfasste die Hilfe insgesamt 19 Projekte in den vier Hilfsarten Glaubens-, Bau-, Verkehrs- sowie Kinder- und Jugendhilfe. Ebenso entsenden wir im Rahmen des Programms „Praktikum im Norden“ junge Menschen in die lettische Hauptstadt Riga sowie nach Tartu in Estland.

(gio)