KLOSTER DER SOLIDARITÄT

Die Ursulinen seit über 100 Jahren im Dienst der Nächstenliebe

Sr. Theresia spielt mit den ukrainischen Waisenkindern: (Foto: Markus Nowak)
Sr. Theresia spielt mit den ukrainischen Waisenkindern: (Foto: Markus Nowak)

09.04.2024

Geschirrklappern, Stühle rücken und anregende Gespräche über das Essen oder den anstehenden Tag. Es ist Essenszeit im Heiliggeistkloster im brandenburgischen Neustadt (Dosse) und im lichtdurchfluteten Speisesaal ist immer viel los. Im Kloster der Ursulinen leben neben den fünf Schwestern auch 31 weitere Bewohnerinnen und Bewohner in der "Wohnstätte der Gesellschaft für soziale Teilhabe". Seit kurzem sind auch Kinderstimmen im Kloster zu hören. Nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine 2022 haben schwerbehinderte Waisenkinder aus dem ukrainischen Riwne im Osten des Landes Zuflucht in der Klosterwohnstätte gefunden. Genauso wie vor 101 Jahren, als die Ursulinen während der DDR-Zeit ein bestehendes Waisenhaus übernommen und als Heimstätte für Kinder mit geistigen und seelischen Behinderungen weitergeführt haben.

"Wer Hilfe braucht, bekommt sie", sagt Sr. Theresia. Das scheint ihr Lebensmotto zu sein. Die heute 87-Jährige besuchte 1963 zum ersten Mal das Kloster Neustadt und das Heim, in dem damals noch 40 Bewohnern lebten. Mit Blick auf die herausfordernde Arbeit der Ursulinen trat die gebürtige Ostberlinerin ein Jahr später in den Orden ein. Ihr ganzes Leben widmete sie "unseren Kinder"“, wie sie die Bewohner liebevoll nennt, auch wenn diese heute selbst im Rentenalter sind: Die jüngsten sind 25, die ältesten 85 Jahre alt. Meist leben die Bewohner seit Kinderalter in der Wohnstätte und bleiben ein ganzes Leben bei den Schwestern.

Eine neue Hoffnung geben

Gemeinsame Mahlzeiten strukturieren den Tag, Geburtstagsfeiern und jahreszeitliche und christliche Feste gliedern das Jahr im Heim. Die Bewohnerinnen und Bewohner haben die Möglichkeit in der Hauswirtschaft, der Haustechnik, im Garten- und Landschaftsbau sowie in kooperierenden „Behindertenwerkstätten“ zu arbeiten. Die Schwestern gaben aufgrund ihres Alters – die jüngste ist 75 Jahre alt – das "operative Geschäft" der Wohnstätte in die Hände von geschultem Personal. Im Sommer 2022 kam die Idee auf, das kleine Gästehaus der Schwestern als Obdach für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zu nutzen, erinnert sich Geschäftsführer Ulrich A. Vowe. Zwei Reisebusse mit 43 ukrainischen Passagieren, darunter 25 Waisenkinder mit ihren Erzieherinnen und deren Kindern konnten nur wenige Wochen nach Beginn der russischen Invasion evakuiert werden.

Die Aufnahme der ukrainischen Waisenkinder sei nicht nur eine humanitäre Geste, sagt der Einrichtungsleiter. "Es ist ein konkreter Schritt, um denjenigen, die durch die Umstände gezwungen wurden, ihre Heimat zu verlassen, eine neue Hoffnung zu geben." Sr. Theresia stimmt zu. Sie ergänzt, die ukrainischen Waisenkinder unter dem Dach des Ursulinen-Klosters aufzunehmen, sei aus der Verantwortung gewachsen, "den Bedürftigen zu helfen und unsere Solidarität mit den Leidenden zu zeigen."
 

Blick in das Heiliggeistkloster in Neustadt

Tatiana Boiki ist eine der Erzieherinnen der Waisenkinder. Die 52-jährige Boiki war bereits bei der "Evakuierungsfahrt" nach Grünheide mit von der Partie und hat erneut ihren Mann und einen der beiden Söhne zurückgelassen, um ein zweites Mal auf Zeit für die ukrainischen Waisenkinder in Brandenburg da zu sein. "Wir sind so dankbar und schätzen, was hier für uns getan wird. Wir fühlen die Hilfe ganz konkret.", sagt die Erzieherin. Das Bonifatiuswerk fördert die Einrichtung bereits finanziell doch diese Hilfe bedarf noch weitere Unterstützung, da die Unterkunft nur notdürfig aufgebaut wurde. Zum Beispiel fehlt es an Spielmöglichkeiten, so soll zum Beispiel der alte Spielplatz aus DDR Zeiten saniert werden, damit die Kinder draußen die Möglichkeit zum Spielen haben.

Bereits seit 1923 widmen sich die Ursulinen mit Gottvertrauen, Mut und Zuversicht hilfsbedürftigen Kindern. Im Mittelpunkt des Handelns stand und steht immer der Mensch als Gottes Schöpfung. In der heutigen "Gesellschaft für soziale Teilhabe" werden diese christlichen Werte der Ursulinen gelebt und weitergeführt. Und so werden die Prinzipien der Nächstenliebe und Mitmenschlichkeit, die vor 101 Jahren bereits bei der Übernahme des Waisenhauses tragend waren, heute deutlicher denn je.

(markus nowak/mos)

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