WARUM SICH EINE NONNE EINEM NATIONALTORHÜTER TIEF VERBUNDEN FÜHLT

"Berufung durch den Strafraum"

Schwester Monika am Grab des verstorbenen Fußballers Ronnie Hellström. (Foto: Theresa Meier)
Schwester Monika am Grab des verstorbenen Fußballers Ronnie Hellström. (Foto: Theresa Meier)

23.07.2025

Am Gedenktag ihrer Ordensgründerin erzählt Sr. Monika, wie eine ideelle Jugendliebe sie einst zu den Birgittinnen in Schweden geführt hat. Dass der einstige Schwarm heute an ihrem Kloster begraben liegt, ist eine außergewöhnliche und zugleich sehr persönliche Geschichte.

Er war Torwart der schwedischen Fußballnationalmannschaft, Bundesliga-Star beim 1. FC Kaiserslautern und einer der besten Torhüter seiner Zeit. Dass Ronnie Hellström heute wenige Meter von der Klosterkirche mit den Gebeinen der Heiligen Brigitta in Vadstena am schwedischen Vätternsee bestattet liegt, hat maßgeblich mit einer deutschen Nonne zu tun. Dass Schwester Monika aus Coesfeld im Münsterland vor mehr als 40 Jahren nach Schweden kam und schließlich in den Orden der Heiligen Birgitta eintrat, das wiederum hat mit Ronnie Hellström zu tun.

"Gestern waren Leute aus Kaiserslautern hier, die haben Ronnie einen FC-Wimpel dagelassen", erzählt sie auf einer Pressereise des Bonifatiuswerkes. Schwester Monika steht an der schlichten Grabplatte mit Namen und Lebensdaten der schwedischen Fußballlegende und lässt noch einmal ihre ganz persönliche Geschichte mit Ronnie Hellström Revue passieren. Eigentlich ist die sie kein sentimentaler Typ, ganz im Gegenteil. Aber wenn sie an die Teenie-Schwärmerei von einst denkt, werden ihre Züge unter dem Ordensschleier weich. Bei der legendären Fußball-WM 1974 im eigenen Land, erzählt sie, sei sie als junges Mädchen auf den blond-schnauzbärtigen Torwart der Schweden aufmerksam geworden. "Ich habe mich einfach in ihn verliebt." Dabei blieb es nicht, Monika übertrug den Gefühlsüberschwang auf Hellströms Heimatland und alles, was damit zu tun hatte. So immatrikulierte sie sich Jahre später für skandinavische Geschichte und wollte dringend nach Schweden, um die Sprache zu lernen.

Passenderweise war mit dem Deutschen Hubertus Brandenburg gerade ein Studienfreund ihrer Eltern Bischof von Stockholm. Er brachte sie mit den Birgittinnen von Vadstena in Kontakt. Sie reiste in den Semesterferien an, half im Gästehaus und baute ihre Sprachkenntnisse aus. Und ihre ausgeprägte Vorliebe für alles Schwedische schlug noch einmal eine ganz andere Richtung um: Indem sie das Leben im Kloster kennen und lieben lernte, entdeckte sie auch Stück für Stück die Spiritualität der Heiligen des Nordens für sich, der Heiligen Birgitta, die auch Patronin Europas ist.
 

"Da sah ich ihn - in meinen Augen nach all dem Jahren unverändert"

Erst einmal war die junge Deutsche schwer beeindruckt von katholischen Gleichaltrigen in Schweden. "Zu Hause im Münsterland haben die Leute zu der Zeit nicht gefragt, warum sie katholisch sind, sie waren es einfach." In der schwedischen Diaspora aber mussten Katholikinnen und Katholiken als Angehörige einer winzig kleinen Minderheit schon damals wirklich zu ihrem Glauben stehen und genau wissen, was und warum sie etwas vertraten. "Das hat mir so sehr imponiert, dass ich noch einmal ganz anders zu meinem eigenen Glauben gefunden habe, dieses Mal aus eigener Initiative", erinnert sich die Ordensfrau. Außerdem habe sie im Kloster gelernt, dass auch unangenehmere Arbeiten wie zum Beispiel das Kloputzen im Gästehaus zur Freude werden können, wenn man sie mit der richtigen Haltung erledigt.  Ganz besonders aber hat Monika schon damals angezogen, dass sich die Birgittinnen – offiziell übrigens Orden des Allerheiligsten Erlösers genannt – vor allem den Leidenden widmen.

Das spiegelt auch ihre Ordenstracht wider, denn neben einem grauen Gewand tragen die Schwestern über schwarzem Schleier eine auffällige Krone mit fünf roten Punkten, die die Wundmale Christi symbolisieren. "Unser Orden ist marianisch geprägt – und zwar von der mitleidenden Maria unterm Kreuz." Tatsächlich wollen Sr. Monika und ihre Mitschwestern im Wortsinn mitleiden, ganz egal um was für Leiden es sich handelt. Zu ihrem Selbstverständnis gehört also, anderen gut zuzuhören, insbesondere stets ein offenes Ohr für Sorgen und Nöte zu bieten. Sr. Monika, die seit vielen Jahren auch Mentorin der Bonifatiuswerk-Praktikanten in Vadstena ist, jedenfalls war bald überzeugt, dass dieser einzige ursprünglich skandinavische Orden genau der Richtige für sie war und trat 1983 ein.    

Dass ein Vierteljahrhundert später Ronnie Hellström wieder in ihr Leben trat, dieses Mal sogar leibhaftig, verdankt Monika ihren Mitschwestern. Die nämlich wussten um ihr frühes Faible für den Torwart und fragten zu Monikas 25-jährigem Ordensjubiläum bei Hellström eine signierte Fan-Karte an. Ronnie aber zog es vor, selbst zur Feier zu kommen. Und so traf Sr. Monika im Festgottesdienst völlig unvorbereitet auf den Helden ihrer Jugendträume. "Ich habe wirklich nichts geahnt". Bis der Priester sagte: "Manchmal geht Berufung auch durch den Strafraum!" und auf den im hinteren Teil der Kirche stehenden Sportler zeigte. "Da sah ich ihn, in meinen Augen nach all den Jahren unverändert", erzählt Monika – und auch, dass sie dann erst einmal einen Lachkrampf bekam vor lauter Fassungslosigkeit. Am Ende blieb Ronnie Hellström die komplette Feier dabei und obwohl er und die Ordensfrauen sich doch eigentlich gar nicht gekannt hatten, war die Atmosphäre überaus familiär.

Seitdem standen Sr. Monika und Ronnie Hellström in Kontakt, schrieben sich Grußkarten zu Weihnachten. Bis der einstige Fußballstar unheilbar an Krebs erkrankte und gemeinsam mit seiner Frau die letzten Dinge regeln wollte. Da wurde ihm bewusst, dass er sich niemals und nirgendwo in seinem Leben so sehr zu Hause gefühlt hatte wie im Kloster der Heiligen Birgitta in Vadstena. Deshalb fragte er an, ob er nicht dort beigesetzt werden könne – und die Birgittinnen sagten zu. Am 19. März 2022 fanden Trauergottesdienst und Bestattung in Vadstena statt – seitdem ruht die Nationaltorwartlegende in der Nähe der Gebeine der Nationalheiligen. "Ronnie hat mich einst nach Schweden und in den Orden gebracht, viel später haben wir haben ihm hier die Möglichkeit zur ewigen Ruhe gegeben." Eine Win-Win-Situation, findet Sr. Monika, und wird wohl noch viele Male an seinem Grab beten.    

(hilde regeniter/domradio)