"DENNOCH.WEITER"-KONFERENZ ENTWICKELT EINE VISION, WIE KIRCHE IN ZUKUNFT WIRKEN KANN

Gerade heute braucht es die christliche Botschaft – vielleicht anders

Annegret Hiekisch ("AnknüpfBar" Böblingen, re.) im Gespräch mit Bonifatiuswerk-Präsident Manfred Müller und Teilnehmerin Nicole Lauterwald. Foto: Hartmut Salzmann
Annegret Hiekisch ("AnknüpfBar" Böblingen, re.) im Gespräch mit Bonifatiuswerk-Präsident Manfred Müller und Teilnehmerin Nicole Lauterwald. Foto: Hartmut Salzmann

14.11.2025

Zwei Tage lang war Kassel der Treffpunkt für Menschen, die sich trotz mancher Krisen für Kirche begeistern und sich für neue Formen von Kirche einsetzen. In der Konferenz "dennoch.weiter.anders." im Kulturbahnhof entwickelten am Donnerstag und Freitag gut 200 Anpacker, Macher und auch Zweifelnde eine gemeinsame Vision, wie Kirche heute und in Zukunft wirken kann. Mehr als 40 Initiativen, die für neue Formen von gelebtem Glauben und Verkündigung stehen, präsentierten ihre Ideen. Der Tenor: Gerade in einer pluralen und vielerorts säkularen Gesellschaft braucht es die christliche Botschaft. In Wort und Tat. 

Das vom "2denare Beratungsinstitut" veranstaltete Event wurde vom Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken, dem Zentrum für angewandte Pastoralforschung (zap), dem Evaluationsinstitut ɪmpækt  und der philanthropischen Organisation Porticus unterstützt und gestaltet. "dennoch.weiter.anders" versteht sich als Fortentwicklung der dennoch-Konferenz 2023 in Hannover. Das Kasseler Format setzte anders als vor zwei Jahren mehr auf Messe-Charakter. Zahlreiche Info-Stände machten die Konferenz am Freitag zu einem Markt der Möglichkeiten, auf dem die teilnehmenden Initiativen ihr kreatives Potenzial zeigten.

Darunter waren viele Projekte, die das Bonifatiuswerk gefördert hat – wie die "AnküpfBar", ein kostenfreier Co-Working-Space mit spirituellem Angebot, angesiedelt im Katholischen Dekanat Böblingen. Annegret Hiekisch und Antonia Schneider stellten sich gerne den Fragen der Interessierten. Beide berichteten, dass die Initiative mittlerweile 70 regelmäßige Nutzerinnen und Nutzer zählt. Als "sehr inspirierend" hat Dekanatsreferentin Annegret Hiekisch die Konferenz erlebt: "Wir nehmen viele, auch kleine Ideen für die Arbeit vor Ort mit", sagte sie. Netzwerken und von anderen lernen – das sei der größte Mehrwert der Konferenz.

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Am ersten Tag der Konferenz standen die Key-Note-Speaker im Vordergrund – zu ihnen gehörten Anna Reppel vom Pixel Sozialwerk Erfurt, Bernhard Hanel (KuKuk Gmbh, Wernau/Neckar) und Oliver Mergens (VAUDE Academy, Tettnang/Bodenseekreis). Vor allem der Impuls von Prof. Dr. Sandra Bils traf den Nerv. Die evangelische Theologin und Professorin für Transformation in Kassel und Jena sprach zum Thema "Exnovation" – die bewusste Trennung von Praktiken, Technologien oder Systemen, die nach einer gründlichen Reflexion keinen Mehrwert mehr haben und nicht mehr zeitgerecht sind. Auf die pastorale Arbeit übertragen, formulierte Prof. Bils diese Sinnfragen: "Was halte ich in meinem Alltag aufrecht, obwohl es keinen echten Beitrag leistet? Was muss ich loslassen, damit wieder Energie für Neues frei wird." Auch in der Kirche sei es notwendig, vormals erfolgreiche, nun aber zum Ballast gewordene Projekte abzuwerfen. Prof. Bils: "Viele frische Innovationen in der Kirche starten erst gar nicht, weil das System ihnen keinen Platz einräumt." Ihr Vortrag endete mit großem Applaus.

Für Dr. Miriam Zimmer (Zentrum für angewandte Pastoralforschung, zap) hat die Veranstaltung gezeigt: "Unsere Gesellschaft braucht christliches Engagement mehr denn je. Bei der Konferenz haben wir Ideen entwickelt, Kontakte geknüpft und Inspiration getankt, wie Kirche heute und morgen wirksam wird und wo sie sich für die Menschen und das Miteinander einsetzen kann."

Abteilung "E und F" der Kirche – so wurde das Bonifatiuswerk bei der Vorstellung der Träger dieser Konferenz genannt. "E" steht für Entwicklung, "F" für Forschung. Monsignore Georg Austen, Generalsekretär des Bonifatiuswerkes, nahm den Faden auf: "Wir dürfen es nicht beim bedauernden Blick auf die Austrittszahlen belassen. Kirche hat Zukunft, wenn sie Mut zeigt – Mut, sich zu verändern, Ungleichzeitigkeiten auszuhalten, zuzuhören und mit der Botschaft des Evangeliums und mit Gottvertrauen auch Neues zu wagen, ohne den Blick auf lebendige und wertvolle Traditionen zu verlieren. Diese Tage in Kassel haben gezeigt, dass die Sehnsucht nach Aufbruch groß ist."

"dennoch.weiter.anders." sei ein kraftvolles Zeichen dafür, dass Kirche nicht stehen bleiben dürfe, sondern das Gespräch mit den Menschen suchen müsse. Monsignore Austen: “Die Kirche der Zukunft entsteht dort, wo Menschen gemeinsam fragen, suchen, handeln und sich weltweit im Gebet verbunden wissen. Wir wollen diesen Geist weitertragen – vor Ort in den Gemeinden und in den Köpfen derer, die spüren: So wie es ist, darf es nicht bleiben. Und genau deshalb machen wir weiter – und anders.”

(sah)