"DIASPORA IST KEIN SCHRECKGESPENST"

Journalistenreise nach Island

Wasserfall am Golden Circle von Island (Foto: Theresa Meier)
Wasserfall am Golden Circle von Island (Foto: Theresa Meier)

26.09.2018

Tassengeklimper, eine angenehme Geräuschkulisse und ein wohliger Duft von Kaffee und frischem Gebäck erfüllen das Gemeindezentrum Landakot im Norden von Reykjavík. Eine Szenerie, die sich dort jeden Sonntag nach dem Gottesdienst in der katholischen Christ-König-Kathedrale abspielt. Das Kirchencafé ist fester Bestandteil des Gemeindelebens in der isländischen Hauptstadt, das unter Kennern auch als 8. Sakrament bezeichnet wird. Hier treffen sich Jung und Alt, Isländer, Deutsche, Filipinos, Litauer und Polen. Die Gemeinde ist offen, herzlich und international.

Ein Sinnbild für die katholische Kirche, die sich in Island in einer Minderheitensituation wiederfindet. Von den rund 350.000 Einwohnern der Insel sind aktuell 13.000 Katholiken registriert. "Doch kann die Gesamtzahl der Menschen katholischen Glaubens höher sein, da sie noch nicht entsprechend erfasst wurden", erklärt Kanzler Séra Jakob Rolland des Bistums Reykjavík. Für die Gläubigen stehen insgesamt 16 Priester zur Verfügung. Darunter befindet sich jedoch kein Isländer. Eine besondere Situation, "denn so spiegelt sich die Internationalität nicht nur unter den Gemeindemitgliedern, sondern auch bei den Geistlichen wider", verdeutlicht Séra Jakob.

Welche Herausforderungen das mit sich bringt, aber auch welche Ermutigungen von den Gläubigen vor Ort ausgehen und wie das Bonifatiuswerk mit seinen verschiedenen Hilfen unterstützend tätig ist, das haben jetzt zwölf Journalisten aus ganz Deutschland während einer Informationsreise des Hilfswerks für den Glauben und der Gesellschaft Katholischer Publizisten (GKP) erfahren können.

Lebendiges Glaubenszeugnis

"Bevor ich nach Island gekommen bin, war ich in Tansania tätig. Dort habe ich mit so vielen Kindern in der Katechese gearbeitet und hier ist es nur eine Handvoll. Da habe ich nicht gesagt: ‚Das mache ich nicht‘. Nein, genau dafür bin ich hier, das ist mein Auftrag", sagt Schwester Sabiduria vom Orden „Die Dienerinnen unseres Herrn und der Jungfrau Maria von Matará“, auch bekannt als die "Blauen Schwestern", voller Überzeugung.  Diese besonderen Bedingungen, die auf der Insel im Nordatlantik herrschen, bestärken die Ordensschwester in ihrem Handeln und Wirken.

Zusammen mit ihr und einer Mitschwester sowie der Leiterin des Hauses, Unnur Steinsson, haben die Journalisten das neue Exerzitien-, Bildungs- und Gästehaus "Fransiskus Hotel" in Stykkishólmur, im Westen des Landes, besichtigt, das mit fast 2 Millionen Euro vom Bonifatiuswerk und dem Diaspora-Kommissariat finanziert wurde. Ebenfalls stand ein Ausflug mit den Blauen Schwestern zum einzigen Wallfahrtsort in ganz Island, nach Mariulind, auf dem Programm.

Starke Persönlichkeiten begegneten der Reisegruppe immer wieder. Sei es bei den Mutter Teresa Schwestern in Reykavík, die fast täglich ein Frühstück für Menschen in Not anbieten oder bei den Karmelitinnen in Hafnarfjörður, die in völliger Abgeschiedenheit sich im Gebet den Anliegen der Welt widmen.

In Gesprächen mit der evangelischen Bischöfin Agnes Sigurðardóttir  wurden unter anderem die Entwicklung der lutherischen Staatskirche sowie die steigende Zahl an Kirchenaustritten diskutiert. Mit dem ehemaligen Präsidenten von Island, Ólafur Ragnar Grímsson, bekamen die Journalisten auch einen Einblick in die politische Wahrnehmung von Kirche in Island.

Wachsende Gemeinde in der Diaspora

In Selfoss, im Süden Islands, wurde mit dem Pastor Denis O’Leary, einem Gemeindevertreter und dem dortigen Bürgermeister über den geplanten Kirchenneubau mit Gemeinde- und Pfarrhaus gesprochen. "Für unsere wachsende Gemeinde brauchen wir einen Ort, an dem sie ihren Glauben entsprechend leben kann", betonte Denis O’Leary. Zurzeit feiern die Katholiken ihren Gottesdienst in einem Wohnhaus.

"Neben der Vielfalt der atemberaubenden Landschaften Islands und den Begegnungen in den Gemeinden, mit einem internationalen Gesicht, war es uns auch wichtig, den Journalisten Projekte in der Entwicklung zu zeigen, wie in Selfoss, um ihnen direkte Einblicke in die Arbeit vor Ort zu ermöglichen. Durch die Zusammenkünfte und Gespräche ist deutlich geworden, dass Diaspora kein Schreckgespenst ist, sondern es lebendige Beispiele von Glaubenszeugnissen gibt, die begeistern und von denen wir, auch mit Blick auf die Diaspora-Situation in Deutschland, lernen können", fasst der Generalsekretär des Bonifatiuswerkes, Monsignore Georg Austen, die Journalistenreise nach Island zusammen.

(thmei)

  

Eindrücke der Journalistenreise nach Island