NACH STUDIE DES BONIFATIUSWERKES

Fachtagung zur Rolle katholischer Kitas in den neuen Bundesländern

15.01.2016

Viele Konfessionslose entscheiden sich bewusst für katholische Kitas

Studie des Bonifatiuswerkes zeigt: katholische Kitas in den neuen Bundesländern sind wichtige Orte, um mit Religion und Kirche in Kontakt zu kommen

In den Jahren 2014/2015 hat das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken eine umfangreiche Evaluierung der religionspädagogischen Arbeit der 184 katholischen Kindertageseinrichtungen (Kitas) in den neuen Bundesländern durchgeführt. Mit dieser auf katholische Kitas bezogenen Evaluation sollte zum einen die aktuelle Situation erfasst und beschrieben werden. Zum anderen sollten damit die Wirkung der Förderung und mögliche Verbesserungsmöglichkeiten evaluiert werden. Gefragt wurde u.a. wie das katholische Profil in den Einrichtungen Gestalt gewinnt. 98 Prozent der befragten Kitas nahmen an der Studie teil und beantworteten die Fragebögen, die in Zusammenarbeit mit dem Professor für Sozialmanagement Ralf Haderlein von der Universität Koblenz entwickelt wurden. Zusätzlich wurden gezielte Interviews mit Mitarbeiterinnen der Kitas geführt, die in die Studie einflossen.

Bonifatiuswerk fördert 12.000 Kita-Plätze mit 49 Euro pro Kind

Das Bonifatiuswerk fördert jeden der 12.000 Kita-Plätze in den neuen Bundesländern mit 49 Euro pro Kind. Seit 1990 stellte das Hilfswerk allein über zehn Millionen Euro für die religionspädagogische Arbeit der Kitas zur Verfügung. Die Fördermittel des Bonifatiuswerkes werden insbesondere für den Kauf von religionspädagogischen Materialien und zur Finanzierung religionspädagogischer Fortbildungen verwendet. Ziel der Studie war es auch, Impulse für die Arbeit des Bonifatiuswerkes und seine Unterstützung der Kitas zu ermitteln. Daher konzentrierte sich die Befragung auf die katholischen Kitas in den neuen Bundesländern.

Religiös geprägte Kitas werden bewusst gewählt

Die Studie zeigt, dass mit 45 Prozent weniger als die Hälfte der Kinder in den katholischen Kitas in Ostdeutschland katholisch sind, 15 Prozent gehören einer anderen christlichen Konfession oder Religion an. 40 Prozent der Kinder sind ungetauft. Bei den Eltern der Kinder verhält es sich ähnlich. Dort sind rund 36 Prozent konfessionslos und 16 Prozent gehören einer anderen christlichen Kirche an. Die Umfrage zeigt, dass es den meisten Familien, auch den nichtkatholischen, besonders wichtig ist, dass ihr Kind eine katholische Einrichtung besucht. Sie wählen bewusst eine religiös geprägte Kita. Auf diese Weise kommen sie mit dem christlichen Glauben in seiner spezifisch katholischen Ausprägung näher in Kontakt. Ähnlich erfahren es Katholiken, die sich von der Kirche distanziert haben. Die Kita wird durch ihren werteorientierten Ansatz zu einem Ort, an dem die christliche Botschaft ein Gesicht erhält.

Strukturwandel und Personalwechsel stehen bevor

Die Umfrage verdeutlicht einen bevorstehenden Strukturwandel und Personalwechsel. Derzeit sind 74 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher in katholischen Kitas katholisch, 16 Prozent gehören einer anderen christlichen Konfession an, zehn Prozent sind konfessionslos. Doch es zeichnet sich ab, dass beim derzeitigen Generationswechsel häufig die religiöse Bindung der Erzieherinnen und Erzieher abnimmt. Die Sprachfähigkeit im Glauben geht zurück. 50 Prozent der Einrichtungen gaben an, dass es nur teilweise gelinge, religiöse Erfahrungen in Worte zu fassen. „Unser größtes Problem ist es, christlich geprägte Erzieher in unserer Region zu finden“, betonte Marita Magnucki vom Referat für Kindertageseinrichtungen im Bistum Magdeburg.

Fortbildungen zu Glaubensthemen

Mit Blick darauf, dass die Sprachfähigkeit im Glauben zurückgeht, befasste sich die Umfrage auch mit der Frage von Fortbildungen zu Glaubensthemen. Dabei wurde erhoben, ob es in den Einrichtungen Fortbildungen zu Glaubensthemen gibt und in welcher Form diese angeboten werden. Mit Blick auf die Erzieherinnen aus einem eher säkularen Umfeld, wäre es sicher hilfreich, wenn die Mitarbeiterinnen Unterstützung bei der Vermittlung religiöser Erfahrungen bekämen. 

Teamberatung

Nicht nur jede einzelne Mitarbeiterin und Mitarbeiter, sondern auch das Team als Ganzes trägt die wertorientierte Haltung der Einrichtung. Damit dies nachhaltig gesichert werden kann, muss auch das Team begleitet werden. In der Evaluation wird neben den religionspädagogischen Fortbildungen auch Teamberatung als Bedarf geäußert. So wünschen sich manche Einrichtungen Teamfortbildungen durch pastorale Mitarbeiter. Die heute schon vorhandenen Teamberatungen erweisen sich als gewinnbringend. Der Bedarf ist jedoch größer als die Ressourcen der Fachberatungen ermöglichen können.

Während der Fachtagung hob der Berliner Erzbischof Dr. Heiner Koch die Bedeutung der konfessionellen Kitas hervor. Sie seien „ein unverzichtbarer Teil“ des kirchlichen Engagements. Der „Familienbischof“ der Deutschen Bischofskonferenz wies zudem auf den Menschen als Abbild Gottes hin. „Jesus hat die Kinder in die Mitte gestellt und gesagt: ‚Seht her, das sind die wahren Boten des Himmelreiches.‘ Jedes Kind soll mit seinen individuellen Fähigkeiten, Vorlieben und Begabungen ernst genommen, nachhaltig gefördert und gefordert werden.“

Hier können Sie das gesamte Grußwort des Erzbischofs nachlesen.

Positive Wirkung der Kitas auf die Entwicklung der Kirchengemeinden

Gleichzeitig belegt die Studie eine positive Wirkung der Kitas auf die Entwicklung der Kirchengemeinden. Diese Ansicht vertraten etwas mehr als 75 Prozent der befragten Kindertageseinrichtungen. Fast ebenso hoch ist der Anteil der Kitas, die mit der eigenen Praxis „sehr zufrieden“ bzw. „zufrieden“ sind. Rund 21 Prozent der Teams berichten, dass ihr Pfarrer das Team aktiv einlädt, sich gemeinsam über Glaubensfragen auszutauschen. Dies wird als sehr hilfreich und sinnstiftend beschrieben. Allerdings erschweren aktuelle Entwicklungen (größere Pfarrgemeinden, Umstrukturierungen, größer werdende Verantwortungsbereiche der Pfarrer) diesen Dialog mit pastoralen Mitarbeitern.

Ein Wunsch der Kitas ist, einen solchen Dialog zu intensivieren. „Aus kirchlicher Perspektive ist die Kita für Familien mit Kindern ein hervorragender Berührungspunkt, an dem Menschen mit der frohen Botschaft in Kontakt kommen. Dies ist bislang nur ansatzweise bei den Verantwortlichen und auf der Ebene der pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angekommen. Genau dort müssen wir ansetzen, und diese unschätzbare Bedeutung der Kitas mehr in das Bewusstsein rücken, damit wir auch weiterhin Anknüpfungspunkte an die heutige Lebenswelt der Menschen finden“, sagte der Generalsekretär des Bonifatiuswerkes, Monsignore Georg Austen.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse ein sehr positives Ergebnis hinsichtlich der religionspädagogischen Arbeit der Kitas. Sie setzen ihr katholisches Profil in der religionspädagogischen Arbeit konsequent um. Auch die Ergebnisse hinsichtlich der pastoralen Angebote für die Familien belegen, dass die Kitas ihr christliches Profil im Alltag umsetzen und den Kindern und Familien die Glaubenswelt erlebar machen. Zugleich geben die Kitas einer Vielzahl von Menschen, die nicht konfessionell gebunden sind, die Möglichkeit mit Religion und Kirche in Kontakt zu kommen.

Kitas als wichtige und wertvolle pastorale Orte

„Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass die Kitas wichtige und wertvolle pastorale Orte sind, an denen die Kirche in einem säkularen Umfeld junge Familien erreicht. Täglich kommen 12.000 Kinder mit der Kirche konkret in Berührung. Für uns sind die Kitas ein Leuchtfeuer der katholischen Kirche in der Diaspora mit einem unschätzbaren Wert. Die Studie bestärkt uns darin, die katholischen Kitas auch weiterhin als einen Schwerpunkt unserer Kinder- und Jugendhilfe zu sehen und noch gezielter zu fördern. Auch unsere Gremien beraten derzeit über die Ergebnisse“, sagte Monsignore Austen. 

Mit Blick auf einen anstehenden Generationenwechsel, auf die sich verändernden Handlungsfelder und auf den einsetzenden Strukturwandel gelte es gezielt Maßnahmen zu ergreifen: „Insbesondere im Bereich der Fort- und Weiterbildung sollten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kitas begleitet werden, sodass sie weiterhin sprach- und auskunftsfähig bleiben, besonders im religiösen Bereich. Gleichzeitig möchten wir über die Kitas die Beziehungsfelder mit den Kirchengemeinden stärken, um so einen fruchtbaren Dialog auch mit nicht konfessionell gebundenen Menschen zu intensivieren und zu fördern“, fügte Austen hinzu.

(pk)

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