BONIFATIUSPREIS FÜR MISSIONARISCHES HANDELN

Die Preisträger 2006

Erster Preis: "Görlitzer Adventskalender"

Den ersten, mit 2.000 Euro dotierten Preis bei der Verleihung des Bonifatiuspreises hat im Jahr 2007 der "Görlitzer Adventskalender" der katholischen St.-Jakobus-Gemeinde Görlitz zuerkannt bekommen. Bei diesem Projekt verwandeln sich unterschiedliche markante Gebäude der schlesischen Stadt in einen überdimensionalen Adventskalender: Bis zum 24. Dezember wird dort Tag für Tag zu einem festen Zeitpunkt jeweils ein Portal oder eine Tür geöffnet, hinter denen sich Geschichten von den dort wohnenden und arbeitenden Menschen verbergen. Es wird gesungen, getanzt erzählt, gespielt. So erfahren die sich zahlreich versammelnden Passanten auf diesem vorweihnachtlichen Weg einiges über das christliche Miteinander, über Glauben und Kirche, und begegnen anderen Menschen, mit denen sie ins Gespräch kommen.

Zweiter Preis: "Mit dem Rad Glauben erfahren"

Kann man einen Firmkurs als Wallfahrt gestalten, als Pilgerreise mit dem Rad? Sind Jugendliche für so etwas zu begeistern? Vor diesen Fragen stand Kaplan Christof May, als er sich Gedanken darüber machte, seinen Firmlingen eine Alternative zur traditionellen wöchentlichen Firmkatechese anzubieten, die das Gemeinschaftsgefühl der Jugendlichen, ihren Sinn für christliche Communio stärken sollte.

Das Konzept: ein "Firmradkurs"

Christof May versuchte es und entwickelte ein Konzept, wie Glaube radelnd zu erfahren sei. In einer siebentägigen Tour, so die Idee, wollte er mit seinen Firmlingen die 350 Kilometer von Wiesbaden zum Kloster in Münsterschwarzach mit dem Fahrrad zurücklegen. Die Pilgerreise sollte dabei zum einen mit der Schöpfungsgeschichte verbunden sein: Zu Beginn jeder Etappe diente jeweils ein Tag aus der Schöpfungsgeschichte als Morgenimpuls. „Der Schöpfungsbericht gibt die einzuschlagende Richtung vor, nämlich: Der Mensch ist auf Gottes Abbild hin geschaffen. Zeitlebens ist er auf dem Weg, immer mehr in diese Abbildlichkeit Gottes hineinzuwachsen“, so Christof May. Zum anderen sollten die Jugendlichen sich unterwegs in katechetischen Einheiten mit den sieben Sakramenten beschäftigen.

Sechs Tage im Sattel

Am 15. Oktober war es dann so weit: Die erste Etappe führte die 22 Mädchen und Jungen von Wiesbaden nach Frankfurt. Bevor es auf die 51 Kilometer lange Reise ging, feierten die Pilger mit der Gemeinde einen Aussendungsgottesdienst, der das erste Sakrament, die Taufe, thematisierte. Dazu wurde der erste Tag des Schöpfungsberichts gelesen sowie die Beschreibung der Taufe Jesu (Lk 3,22 f.). Die anschließende Katechese griff das Thema Taufe auf, indem sie den Sinn der Pilgerreise verdeutlichte: „Wir folgen dem Stern unserer Sehnsucht, der uns als Christen in der Taufe aufgegangen ist. Wir schwimmen zurück zu unseren Quellen, zum Quellwasser der Taufe.“

Anschließend machte sich die Gruppe auf den Weg. Eine erste Rast gab es im Rhein-Main-Regionalpark: Hier stellten sich die Teilnehmer gegenseitig vor und äußerten Wünsche und Erwartungen, die sie mit dem Kurs verbanden. Außerdem erhielt jeder sein persönliches Pilgerheft, in dem er die Reise für sich dokumentieren und jeden Abend auf einem „Tendenzometer“ eintragen konnte, ob und aus welchen Gründen er sich firmen lassen möchte. Eine weitere katechetische Einheit befasste sich, ausgehend von Gen 28, 10-22, mit der Erreichbarkeit Gottes, den menschlichen Sehnsüchten und Hindernissen auf dem Sehnsuchtsweg. „Formuliert drei Wünsche oder Fürbitten für euch, notiert sie in euer Pilgerbuch, in das kein anderer außer euch Einblick hat. Und nehmt eure Bitten und Wünsche als Gepäck mit auf diese Wallfahrt“, lud Kaplan Christof May seine Firmlinge ein.

Nach weiteren 15 Kilometern kam die Gruppe am Ende des ersten Tages in Frankfurt an, wo in der katholischen Hochschulgemeinde zu Abend gegessen und übernachtet wurde. Vor der verdienten Nachtruhe erzählte ein Jesuitenpater den Jugendlichen über seine Sehnsüchte und sein Leben als Pilgerweg. Schließlich stellten sich die Mädchen und Jungen noch der Frage „Will ich mich firmen lassen und warum?“ und füllten in ihrem Pilgerheft ihr „Tendenzometer“ aus. Ganz ähnlich behandelte Christof May an den folgenden Tagen die übrigen Sakramente – anhand von Texten und gemeinsamen Gesprächen, aber auch, indem die Teilnehmer in Fußgängerzonen Passanten über ihren Glauben, ihren Lebensstil und ihre Träume befragten.

Nach sechs Tagen im Sattel erreichte die Gruppe erschöpft, aber zufrieden das Kloster Münsterschwarzach, das Ziel der Reise. Den abschließenden Ruhetag nutzten die Firmlinge noch einmal, um sich intensiv mit dem bevorstehenden Firmgottesdienst zu beschäftigen. Der Firmradkurs war ein voller Erfolg: 17 der 22 Teilnehmer meldeten sich danach spontan als Ministranten an. „Diese jungen Menschen haben auf der Pilgerradreise Feuer gefangen und engagieren sich nun aktiv in der Kirche. Einige haben mit missionarischem Eifer sogar andere Jugendliche mitgezogen, die der Kirche vorher eher fernstanden“, freut sich Christof May.

Das zum Projekt entstandene Buch finden Sie z.B. hier.