SCHWEDISCHE BOTSCHAFTERIN IN BERLIN

Schwedisch – katholisch – Botschafterin: Ein gläubiger Weltmensch

Trugen sich in das Goldene Buch der Stadt Paderborn ein (von links): Bischof Czeslaw Kozon, Monsignore Georg Austen, Manfred Müller, Marika Linntam, Veronika Wand-Danielsson, Alda Vanaga, Giedrius Puodžiūnas sowie Bischof Viktors Stulpins. (Foto: Simon Helmers)
Trugen sich in das Goldene Buch der Stadt Paderborn ein (von links): Bischof Czeslaw Kozon, Monsignore Georg Austen, Manfred Müller, Marika Linntam, Veronika Wand-Danielsson, Alda Vanaga, Giedrius Puodžiūnas sowie Bischof Viktors Stulpins. (Foto: Simon Helmers)

24.09.2025

Sie spricht fünf Sprachen und lässt sich in politischen Analysen von christlichen Werten leiten. Veronika Wand-Danielsson ist schwedische Botschafterin in Berlin – und katholisch. Eine ungewöhnliche Kombination für das protestantische Land.

Als sie Friedrich Merz und später Lars Klingbeil zu einem Mittagessen in die schwedische Botschaft einlud, konnte Veronika Wand-Danielsson noch nicht sicher wissen, dass sie mit dem zukünftigen Bundeskanzler und Vizekanzler am Tisch sitzen wird. "Wir haben oft deutsche Gäste, um uns auszutauschen und besser kennenzulernen. Aber in dem Fall hatte ich wohl ein Gespür für den politischen Wechsel", sagt sie und lacht.

Veronika Wand-Danielsson, seit zwei Jahren Botschafterin des Königreiches Schweden in Berlin, sitzt in ihrem hellen Büro: entspannt, freundlich, zugewandt. Ihre Aufgaben bringt sie schnell auf den Punkt: Sie macht die schwedische Politik in Deutschland transparent, umgekehrt erklärt sie den Schweden, wie Deutschland aufgestellt ist – im sicherheitspolitischen Bereich, in Wirtschaft und Kultur. Dafür reist sie durch die Bundesländer und geht „in die Tiefenanalyse".

Wand-Danielsson ist die erste Katholikin im Amt des schwedischen Botschafters in Berlin. Das ist eine Besonderheit: Es gab bisher nur noch einen Kollegen, Botschafter in Rom, der zum Katholizismus konvertiert ist. Ansonsten ist die schwedische Gesellschaft traditionell protestantisch, der Katholikenanteil beträgt nur etwa 1,2 Prozent. “Wir sind eine Minderheit, die aber hoch angesehen ist”, sagt sie. Vor allem deutsche Jesuiten “mit ihren intellektuell anspruchsvollen Predigten” hätten die katholische Kirche in ein positives Licht gerückt, ebenso Papst Franziskus und Kardinal Anders Arborelius, der 2017 zum „Schweden des Jahres“ gekürt wurde.

Auch zum Bonifatiuswerk hat die schwedische Botschafterin Veronika Wand-Danielsson eine enge Beziehung. Im vergangenen Jahr nahm sie an den Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum der Nordeuropahilfe teil. Mit ihrer Rede im Paderborner Rathaus beeindruckte sie die eingeladenen Diplomaten, Bischöfe und Gäste, im Anschluss trug sie sich neben den Vertretern des Bonifatiuswerkes und den weiteren Diplomaten und Diplomatinnen sowie Bischöfen als Ehrengast in das Goldene Buch der Stadt Paderborn ein. Außerdem nahm sie an den Feierlichkeiten zum Jubiläum der Nordeuropahilfe und der Enthüllung des neuen Altarbilds in der ehemaligen Abteikirche im Weltkulturerbe Corvey und bei der Aktionseröffnung der Diaspora-Aktion 2023 teil. 
 

"Da siehst du das Größere, nicht nur dich selbst"

Schweden ist ihre Heimat, Veronika Wand-Danielsson fühlt sich aber auch in Deutschland zu Hause. Weil sie beide Länder im Herzen trägt. Ihr Vater war deutscher Diplomat und verliebte sich in Stockholm in ihre Mutter, eine schwedische Ballettlehrerin und Konvertitin. Zugleich ist sie ein Weltmensch, spricht fünf Sprachen. Einen Teil ihrer Kindheit verbrachte sie in Afrika, sie machte in Norwegen ihr Abitur, studierte in Schweden und Frankreich.

Beruflich trat die Politikwissenschaftlerin in die Fußstapfen ihres Vaters. Sie war im schwedischen Außenministerium und viele Jahre bei der EU in Brüssel tätig, war Botschafterin in Frankreich und bei der Nato. In Berlin, sagt sie, arbeite sie zum ersten Mal auch so richtig nordisch – am einzigen Ort, der Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland und Island in einem Botschaftskomplex vereine, mit eigener Bushaltestelle und einem öffentlichen Gemeinschaftshaus für kulturelle Veranstaltungen.

Das gläubige Elternhaus war für Veronika Wand-Danielsson und ihre drei Schwestern nicht immer bequem, “vor allem, als ich jugendlich war und nach dem Ausgehen am Samstagabend nicht unbedingt zum Kirchgang geweckt werden wollte”, erzählt sie. Aber sie wusste: “Wenn ich nicht mitgehe, ist mein Vater den ganzen Sonntag sauer.” Mit etwa 20 geriet sie in eine Krise. Sie lebte mit ihrem Freund zusammen – aber mit schlechtem Gewissen. Sie hatte das Gefühl, gegen die christlichen Gebote zu verstoßen, und glaubte deshalb, aus der Kirche austreten zu müssen. Doch ein Jesuit gab ihr den klugen Rat: “Die Kirche setzt nur den Rahmen. Du weißt selbst, was richtig und falsch ist, wenn du dein Herz erforschst.”

Den Glauben hat sie an ihre Tochter und ihren Sohn weitergegeben – und die wiederum an die Enkelkinder. Ihr Mann, stolz auf seine protestantischen Wurzeln, war der Einzige, der nicht zur Kommunion gehen konnte, wenn sie gemeinsam in der Messe waren. Im vergangenen Sommer, nach 40 Ehejahren, überraschte er seine Frau mit den Worten: "Weißt du was, jetzt reicht’s, ich konvertiere." Nachdem Wand-Danielsson diese Geschichte erzählt hat, verschwindet das Lächeln in ihrem Gesicht. Sie sagt: “In Europa tobt wieder ein Krieg. Man muss auf die schlimmsten Sachen gefasst sein, da treiben dich existenzielle Fragen um. Das hat auch bei meinem Mann eine Rolle gespielt.” Die katholische Kirche ist für die weitgereiste Botschafterin ein Halt im Leben, ein Platz, an dem man sich versammelt und aus dem Alltag aussteigt. "Da siehst du das Größere, nicht nur dich selbst."
 

Die Schweden haben keine Angst vor Russland

Schweden läutete sehr früh die politische Zeitenwende ein. Bereits 2018 trat die Wehrpflicht wieder in Kraft. "Der Angriff auf die Ukraine begann mit der Annektierung der Krim und den Kämpfen im Donbass. Das mehr und mehr totalitär ausgerichtete Russland war für uns ein Weckruf, wir wollten vorbereitet sein", sagt die Botschafterin. Das gesamte politische Lager in Schweden, von den Linken bis zu den extremen Rechten, sei sich einig, was die Nato-Mitgliedschaft betrifft, die Unterstützung der Ukraine – und es verurteile scharf den Aggressor Russland. Die Schweden, betont sie, hätten keine Angst vor Russland: "Friedensverhandlungen sind gut, aber wir müssen dies aus einer Position der Stärke heraus tun, um Grenzen setzen zu können."

Und was denkt sie über den deutschen Ukraine-Kurs? Sie freue sich sehr über das wichtige deutsche Engagement. Aber: “Es hat mich überrascht, wie gespalten Deutschland noch ist zwischen Ost und West.” In politischen Analysen lässt sich Wand-Danielsson von christlichen Werten leiten. Ohne ins Extreme abzugleiten. "Ich versuche, eine gute Europäerin zu sein und Verständnis zu zeigen für Fragen und Anliegen der Kollegen aus anderen Weltregionen, für die zum Beispiel die Ukraine oder der Sudan weit weg sind. Dass ich ein Weltmensch bin, hilft mir in meinem Beruf."
 

(Anja Sabel/aussicht online)