BONIFATIUSWERK BESUCHT BETHLEHEM-HAUS

In diesem Haus öffnen sich Türen zurück ins Leben

Mariuss Kemna und Bonifatiuswerk-Geschäftsführer Ingo Imenkämper in der Werkstatt des Bethlehem-Hauses. (Foto: Marius Thöne)
Mariuss Kemna und Bonifatiuswerk-Geschäftsführer Ingo Imenkämper in der Werkstatt des Bethlehem-Hauses. (Foto: Marius Thöne)

31.10.2022

Das christlich-katholische Bethlehem-Haus der Barmherzigkeit in Riga ist ein Zufluchtsort. Ein Zufluchtsort für Menschen, die oftmals nach vielen Jahren Abhängigkeit von Alkohol und Drogen loskommen wollen. Die lettische Einrichtung, die das Bonifatiuswerk in den vergangenen sechs Jahren mit 115.000 Euro gefördert hat, gehörte zu den Projekten, die jetzt während einer Pressereise des Bonifatiuswerkes in die baltischen Staaten Lettland und Estland besucht wurden.

Für die 33-Jährige Alesja ist das Bethlehem-Haus eine Art Übergangszuhause geworden. Sie sitzt in ihrem Zimmer in einem Sessel und liest. Neben ihr spielt ihre drei Jahre alte Tochter. Eine Szene, die bis vor kurzen nicht normal war. Weil Alesja abhängig war, konnten ihre beiden Kinder nicht bei ihr Leben. Mittlerweile sieht sie sich auf einem guten Weg – zurück in ein Leben ohne Drogen.

Die Chefin des Bethlehem-Haus ist Dana Anskaite. Mit viel Mut und Entschlossenheit, hat die Unternehmerin mit Partnern das Haus 2011 gegründet. "Fünf Jahre haben wir nur von der Barmherzigkeit Gottes gelebt", sagt sie. Alle, ob die Diözese oder die Stadt Riga, hätten ihre Idee gelobt. "Aber alle haben auch gesagt, wir haben kein Geld". Erst seit 2016 wird die Einrichtung nicht nur vom Bonifatiuswerk, sondern auch von der Stadt finanziert.

Der halbe Weg ist geschafft

In der Küche sitzt eine Gruppe Männer zusammen. Das Abendessen ist gerade vorbei. Es ist das "Haus am halben Weg", also der Teil der Einrichtung, in der das Therapieprogramm fast geschafft ist. Auf einer Tafel in der Ecke steht, wie lange die Männer schon im Bethlehem-Haus leben. Dirigent Arvis (41) ist seit neun Monaten hier, wegen seiner Alkohol- und Medikamentensucht. Zwölf in der Therapie festgelegte Schritte sollen ihn fit machen für die Welt draußen, ohne rückfällig zu werden. Oskars (47), ist seit 371 Tagen da. Er bringt es auf den Punkt: "Mein weiteres Programm ist der Rest meines Lebens". Er schöpft neue Hoffnung aus dem Rehabilitationsprogramm, das aus Therapiestunden, täglichem Gebet und auch aus Arbeit besteht. Und Reinis, der seit 272 Tagen im Haus lebt, hofft danach auf eine gute Arbeitsstelle.

Im Keller des Bethlehem-Hauses, das in einem der ärmsten Stadtviertel Rigas liegt, hat der Priester Mariuss Kemna eine kleine Werkstatt eingerichtet. Hier werden hölzerne Rahmen für Bienenstöcke hergestellt und Wachsreste aus Teelichtern eingeschmolzen und zu neuen gegossen. "So sollen unsere Bewohner lernen, Geduld zu entwickeln", erläutert der Geistliche das Konzept. Nicht jeder schafft den Weg raus aus der Abhängigkeit, aber es seien in den vergangenen Jahren immer mehr geworden, sagt Dana Anskaite. "Wer die erste Phase übersteht, der bleibt meistens bis zum Schluss", schildert sie ihre Erfahrungen.

Bilder vom Haus, dem Bauernhof und den Menschen

(Fotos: Marius Thöne)

Der Rehabilitationsbauernhof

Gut 20 Minuten Autofahrt vom Rigaer Stadtzentrum entfernt, liegt der Rehabilitationsbauernhof in Olaine, der ebenfalls vom Bethlehem-Haus betrieben wird. Hier in der lettischen Einöde leben die Menschen, die noch ganz am Anfang ihrer Therapie stehen. Die Alleinlage des Hofes, der dem Erzbistum Riga gehört, macht es schwer, an Alkohol und Drogen zu kommen. Die Bewohner kümmern sich um eine Schafherde und ein paar Ziegen sowie 14 Hektar Land, im Wesentlichen Grünland, das für die Schafhaltung geerntet wird.

Zu schaffen machen Dana Anskaite und ihren Mitstreitern die stark gestiegenen Energiekosten, darum laufen jetzt Überlegungen zum Bau einer Photovoltaikanlage auf dem großen Gelände in Olaine. 5000 Euro pro Monat müssten mittlerweile für die Gasrechnung des Bethlehem-Hauses bezahlt werden. Das Wohnhaus des Bauernhauses wird mit einer modernen Pellet-Heizung warmgehalten, die von Bonifatiuswerk mit 23.000 Euro mitfinanziert wurde. Aber auch an dieser Stelle explodieren die Kosten. "Holzpellets werden aus Lettland auch noch nach Deutschland exportiert, darum sind hier die Preise so stark gestiegen", erläutert Anskaite. Aufgeben kommt für die Powerfrau aber nicht in Frage: "Wir haben schon ganz andere Dinge gemeistert", sagt sie.

(thm)